Der Nobelpreis für Medizin geht an den Japaner Yoshinori Ohsumi vom Tokyo Institute of Technology. Er wird für seine Forschung im Bereich der Autophagie ausgezeichnet, wie das Karolinska-Institut in Stockholm mitteilte.
Dabei handelt es sich um einen zentralen Mechanismus, wie die Zelle «Abfall» abbaut und wiederverwertet. Seine Erkenntnisse sollen unter anderem der Krebstherapie nutzen.
«Ach...»
Ohsumi zeigte sich in einer ersten Reaktion überwältigt von der Auszeichnung. «Das ist eine Freude für einen Forscher, die nicht zu übertreffen ist», sagte der 71-Jährige dem japanischen Fernsehsender NHK.
Der Zellforscher habe sehr überrascht reagiert, sagte Thomas Perlmann, Sekretär des Nobelkomitees in Stockholm. Seine Reaktion sei ein «Ach» gewesen, als er ihn angerufen habe. «Ich glaube, er hat das wirklich nicht erwartet», sagte Perlmann.
Grundlagenforschung und Verständnis für Prozesse
Autophagie (aus dem Griechischen auto, selbst und phagein, essen) ist der Mechanismus, mit dem Zellen eigene Bestandteile, die nicht mehr gebraucht werden, zerstören können. Dazu umschliessen sie sie mit Membranen. Diese «Abfall»-gefüllten Membran-Bläschen (Vesikel genannt) transportieren ihren Inhalt anschliessend zum zelleigenen Recycling-Hof, dem Lysosom, wo er abgebaut wird.
Ohsumi führte Experimente an Hefezellen als Modellorganismus durch, um die wichtigen Gene für die Autophagie zu identifizieren. Anschliessend entschlüsselte er den Mechanismus in Hefe und konnte zeigen, dass eine ähnliche Maschinerie in menschlichen Zellen tätig ist.
Ohsumis Arbeit habe wichtige Grundlagen für unser Verständnis dieser Prozesse geschaffen, und dafür, welche Rolle Autophagie bei diversen physiologischen Prozessen spiele, teilte das Karolinska-Insitut mit.
Dazu gehörten etwa die Reaktion des Körpers auf Infektionen oder Nahrungsmangel, aber auch Erkrankungen wie Krebs oder neurologische Krankheiten, bei denen Mutationen in Autophagie-Genen auftreten.
Wichtig für Entwicklung und Altern
Beschädigte oder funktionsuntüchtige Zellorgane können durch Autophagie beseitigt werden, was bei Alterungsprozessen eine wichtige Rolle spielt. Auch bei der Embryonalentwicklung und der Spezialisierung von verschiedenen Zelltypen leistet Autophagie einen Beitrag, ebenso wie bei der Beseitigung von Eindringlingen wie Bakterien und Viren.
Defekte in diesem Prozess hängen mit verschiedenen Krankheiten beim Menschen zusammen, beispielsweise Parkinson und Typ-2-Diabetes. Mutationen in Autophagie-Genen spielen ausserdem bei Krebs eine Rolle. Dieser Mechanismus stellt daher ein vielversprechendes Ziel für neue Medikamente gegen verschiedene Krankheiten dar, schrieb das Nobelkomitee.
Bahnbrechende Forschung
Wie fundamental dieser Prozess der Autophagie ist, sei erst mit Ohsumis bahnbrechenden Experimenten in den 1990er Jahren klar geworden, hiess es weiter. Dafür erhalte er den diesjährigen Medizin-Nobelpreis.
Der Zellforscher, der 1945 in Fukuoka in Japan geboren wurde, erhielt 1974 seinen Doktortitel von der University of Tokyo. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Rockefeller University in New York kehrte er 1988 nach Tokio zurück, um seine eigene Forschungsgruppe aufzubauen. Seit 2009 ist er Professor am Tokyo Institute of Technology.