Die Nacht vom 27. auf den 28. Juni 1969 ging als «Geburtsstunde der modernen Schwulen- und Lesbenbewegung» in die Geschichte ein. In den frühen Morgenstunden stürmten Polizisten das «Stonewall Inn» an der Christopher Street in New York, ein Treffpunkt für Homosexuelle, Transmenschen und Dragqueens. Sie führen eine lesbische Frau ab und quälen diese mit einem Schlagstock. Eine Razzia wie schon so viele zuvor. Aber diesmal hat die Menge der Feiernden genug. Die Bar-Besucher wehren sich erstmals gegen die jahrelange Unterdrückung und Ausgrenzung und vertreiben die Polizeibeamten gewaltsam.
Unterdrückung auch in der Schweiz
In Zürich ist die Situation in den 1960-er Jahren ähnlich. Homosexualität ist hier zwar nicht strafbar. Frei leben können Schwule und Lesben aber nicht. Der Zürcher Schwulenaktivist Ernst Ostertag, dessen Liebesgeschichte zu seinem inzwischen verstorbenen Partner Röbi Rapp im Kinofilm «Der Kreis» (2014) erzählt wird, erinnert sich gut an diese Zeit: Nebeneinander laufen war für die beiden damals undenkbar. Händchen halten oder sich küssen ausgeschlossen.
Heute, 50 Jahre später, ist das Thema Diskriminierung von Homosexuellen trotz Fortschritten aber keinesfalls erledigt. Die Zürcher R’n’B-Sängerin Naomi Lareine singt über das, was sie zurzeit am meisten beschäftigt. Die Liebe zu einer Frau. Erst als sie sich geoutet hat, wurden ihre Songtexte und damit ihre Musik komplett ehrlich.
Dass Naomi heute so frei leben und sich nicht für ihre Sexualität schämen muss, verdankt sie unter anderem Vorreitern wie Ernst Ostertag. In ihrem Kollegenkreis ist ihre sexuelle Orientierung längst kein Thema mehr.
Ein halbes Jahrhundert nach den Stonewall-Aufständen sind gleichgeschlechtliche Beziehungen in der Schweiz vielerorts akzeptiert. Der 27. Juni, auch «Christopher Street Day» genannt, erinnert dennoch jährlich daran, dass es auch in Zukunft selbstbewusste Männer und Frauen braucht, die zu ihren Gefühlen und ihrer Identität stehen.