Der Himmel über dem Jakobs- und Jatzhorn in Davos ist nebelverhangen. Zwischen den beiden Berggipfeln ist auf rund 2500 Metern ü.M. das Übungsfeld ausgesteckt für die Kaderausbildung für Klassenlehrer in der Lawinenhunderettung.
Zwölf Teilnehmer aus dem ganzen Schweizer Alpenraum sind mit ihren Hunden zum zweitägigen Kurs der Alpine Rettung Schweiz (ARS) angereist.
Von Weitem ist das Geräusch eines Helikopters zu hören. Die Rega fliegt den Lawinenhundeführer samt Hund an den Einsatzort. Bei einem Notfall geht der Alarm zuerst bei der Rega-Zentrale in Zürich-Flughafen ein. Dann alarmiert die Zentrale die Helikopter-Crew, sowie der Lawinenhundeführer auf Bereitschaft. So läuft es auch bei der Übung ab.
Im Rega-Helikopter sitzt der 42-jährige Matthias Schlatter mit seinem Lawinenhund Ciabba. «Wenn ich im Heli zum Einsatz fliege, gehen mir schon etliche Gedanken durch den Kopf», betont der Hundeführer, der einige Kollegen hat, die freeriden. «Hat es vielleicht einen von ihnen erwischt?», frage er sich dann jeweils bange.
Sobald er jedoch das Lawinenfeld erreiche, sei er voll fokussiert. «Zuerst kommt die Sicherheit», meint Schlatter. Deshalb empfehle er dem Piloten auch mal, eine Zusatzschlaufe zu fliegen. So gehe man sicher, dass keine weiteren Schneemassen herunterkommen. Nach der Landung versucht der Bündner möglichst ruhig zu bleiben – und das, was er so oft geübt habe, bei der Suche im Schnee direkt umzusetzen. Der 42-jährige ist seit fünf Jahren bei der ARS als Lawinenhundeführer im Einsatz. Bei der heutigen Übung muss er und seine siebenjährige Hündin Ciabba zeigen, ob sie als Team ein verschüttetes Opfer schnell aufspüren können.
Die Suche beginnt. Matthias Schlatter schickt seine Hündin los. Bei einem Ernstfall zählt jede Sekunde. «Es wird Adrenalin ausgeschüttet», sagt der Familienvater. Noch mehr Adrenalin wäre es bei einem Ernstfall, fügt Schlatter hinzu. Der Belgische Schäfer sucht unermüdlich. Doch es ist schwierig einen Geruch wahrzunehmen, denn über Nacht hat es etwa einen halben Meter geschneit und das macht die Spurensuche für den Hund noch schwieriger. Matthias Schlatter gibt Anweisungen: «Such Ciabba, such».
«In der Regel arbeiten wir mit möglichst wenig Kommandos», erläutert der Hundeführer. Er muss auch einschreiten, wenn der Hund bei der Suche an einem Schneeklumpen zu schlecken oder knabbern beginnt. Ciabba benötigt etwas Zeit, doch dann wittert sie den Geruch des Verschütteten und zeigt an.
Matthias Schlatter ist mit dem Einsatzleiter über Funk verbunden und kriegt Anweisungen, welche Fläche er absuchen muss. Regelmässig gibt der Bündner seiner Hündin Befehle: «Such Ciabba, hier, such».
Wenn nach einigen Suchläufen der Hund den Schwanz hebe und zielstrebig losgehe, sei das ein Zeichen für eine Witterung, sagt Schlatter. So auch bei dieser Übung. Die Hündin ist ganz aufgeregt und hebt den Schwanz. Der Hundeführer funkt sofort die Helfer herbei: «Ich haben einen Treffer! Ich muss so schnell als möglich meine Schaufel-Crew haben.»
«Jawohl, super gemacht Ciabba», lobt Matthias Schlatter seine Hündin. Das sei sehr wichtig, denn für den Hund sei die Suche ein Spiel, erklärt der Hundeführer. Anschliessend gibt er ihr noch eine Belohnung, während die Schaufel-Crew den Verschütteten ausbuddelt.
Matthias Schlatter und seine Hündin sind ein eingeschworenes Team. Bei dieser Arbeit ist das auch zwingend nötig. Das muss auch Schlatters Partnerin so akzeptieren. «Meine Frau ist auch schon etwas eifersüchtig geworden», fügt er lachend an auf die Frage nach der Beziehung zu seinem Hund. Die siebenjährige Ciabba war bereits Teil der Familie, als vor gut zwei Jahren Sohn Lasse geboren wurde. Er sei sehr froh gewesen, dass der Hund den Familienzuwachs gut akzeptiert habe. «Jetzt habe ich zwei, die mich jeweils an der Haustüre begrüssen.»