Sie sind weniger renommiert als die Grammys und die Live-Auftritte haben nicht den hippen Trend-Anspruch der MTV Music Awards, dafür sind die American Music Awards die grössten direkt vom Publikum per Online-Abstimmung vergebenen Preise der US-Musikbranche.
Bei der Preisverleihung am Sonntag in Los Angeles hat sich ein Wachwechsel vollzogen, der zeigt, wer 2021 in der Lage ist, die grösste Fanschar zu mobilisieren. Zum ersten Mal gewann die südkoreanische Boyband BTS den wichtigsten Preis des Abends als «Künstler des Jahres». Die siebenköpfige Gruppe stach unter anderem Sängerin Taylor Swift aus, die zuletzt drei Mal in Folge diesen Preis erhielt.
Ohnehin stand die gesamte dreistündige Verleihungszeremonie im Zeichen des weltweit erfolgreichen K-Pop-Phänomens (abgeleitet von «Korean Popular Music»): BTS traten zu Beginn der Show mit der Hit-Band Coldplay auf und sangen «My Universe». Sie erhielten vor dem Hauptpreis bereits Auszeichnungen als beste Pop-Gruppe und für «Butter» als bester Pop-Song – und sie beendeten schliesslich den Abend in Gelb gekleidet mit einer Performance dieser Hitsingle.
Für Swift blieben Auszeichnungen für «Evermore» als Pop-Album des Jahres und als Pop-Künstlerin des Jahres. Damit hat die 31-Jährige im Laufe ihrer Karriere bereits 34 AMA gewonnen, ein Rekord in der Geschichte des seit 1973 verliehenen Preises.
Olivia Rodrigo und The Weeknd – die grossen Verlierer
Weniger gut lief der Abend für Newcomerin Olivia Rodrigo (18, «Drivers License»), die im Vorfeld mit sieben Nennungen das Nominierungsfeld angeführt hatte. Sie konnte lediglich in der Kategorie neuer Künstler einen Preis gewinnen.
Der kanadische Sänger The Weeknd («Blinding Lights») war sechs Mal nominiert, gewann aber nur in der Kategorie männlicher R&B-Künstler.
Auch die italienischen ESC-Sieger Måneskin («Beggin») gingen leer aus. Sie unterlagen Rapperin Megan Thee Stallion («Body») in der neu geschaffenen Kategorie «Trending Song» für Songs, die besonders häufig im sozialen Netzwerk Tiktok genutzt werden. Måneskins Auftritt wurde dennoch bejubelt.
Keine Kritik, dafür umso mehr Marketing
Darüber hinaus waren die Awards wie in jedem Jahr von einer grossen Anschlussfähigkeit an ein breites Publikum geprägt. Bissige Moderationskommentare von Rapperin Cardi B gab es genauso wenig wie die bei US-Award-Shows inzwischen oft üblichen politischen Statements in Dankesreden oder Laudatios. Stattdessen prägte häufig ein grosser Marketing-Geist die grell inszenierte Show, in der jeder Auftritt mit live eingeblendetem Hashtag für soziale Netzwerke daherkam.
Und obwohl noch nicht einmal Weihnachten vorüber ist, sang Jennifer Lopez bereits den Titelsong ihrer erst für den Valentinstag im Februar angesetzten Romanze «Marry Me», wiederum in der direkt folgenden Werbepause ergänzt um den Trailer zum Film.
Boyband-Battle
Eine hübsche Inszenierungs-Idee war dagegen der «Battle of Boston», ein Kräftemessen von zwei der grössten Erfolgsbands der Stadt aus den 1980er-Jahren, bei dem die New Kids on the Block («Step by Step») auf die R&B-Combo New Edition («Candy Girl») trafen. Ihre beiden Medleys unterstrichen am Ende aber auch nur eins: Der weltweit erfolgreichste Sound des Boyband-Genres entsteht heutzutage in Asien.