Sie ist die erfolgreichste Ausstellung weltweit: In den letzten rund 25 Jahren haben über 50 Millionen Gäste «Körperwelten» besucht. Sie haben gestaunt ob der plastinierten Körper, manchen mag die Inszenierung präparierter Leichen auch missfallen haben.
Seit Beginn musste sich Anatom Gunther von Hagens nämlich auch Kritik stellen. Die Zurschaustellung toter Menschen sei unter anderem aus religiösen oder ethischen Gründen verwerflich. So haben etwa am letzten Ausstellungsort in Moskau die Behörden Ermittlungen aufgenommen. Es werde geprüft, schreibt der «Blick», ob «Körperwelten» moralische Werte und Gefühle von Gläubigen verletzte.
«Es handelt sich dabei nicht um eine Anzeige, sondern um Vorermittlungen, ob es zum einem Rechtsverfahren kommen soll», sagt Ausstellungs-Kuratorin Angelina Whalley. Die ersten Hinweise, die sie aus Moskau bekommen habe, deuteten aber nicht auf die Eröffnung eines Verfahrens.
Um «Körperwelten» wird es ruhiger
Ganz generell habe die Kritik an der Ausstellung in den letzten Jahren abgenommen, sagt Whalley weiter. «Anfangs konnte man die Ausstellung vielleicht noch nicht richtig einordnen. Die meiste Kritik hatten wir tatsächlich auch von Menschen, die die Ausstellung nie gesehen haben.»
Die Kritik habe sich an einer Vorstellung orientiert, wie «Körperwelten» sein könnte, «nämlich eine Gruselshow, die den schnellen Kick bringen soll», so Whalley. Viele Millionen hätten mittlerweile aber gesehen, dass die Ausstellung genau das nicht leiste.
Auch als die Ausstellung 2009 zum ersten Mal nach Zürich kam, gab es eine Kontroverse. Whalley sagt: «Im Vergleich zu Deutschland ist in der Schweiz aber über ethische Fragen viel entspannter und sachlicher diskutiert worden.» Nun also kommt die Ausstellung zum zweiten Mal nach Zürich – und dies ausgerechnet in Corona-Zeiten.
Aktuelles Ausstellungs-Thema – aber nicht Corona
Für Angelina Whalley war dies allerdings kein Hinderungsgrund. «Ich denke, dass die Corona-Zeit uns eindrücklich vor Augen führt, dass wir fragil sind, dass unser Dasein beschränkt ist und dass wir dankbar sein sollten für das Leben, das wir führen dürfen.»
Die Ausstellung wegen der Corona-Pandemie auszusetzen, sei nicht in Frage gekommen, denn «gestorben wird ja immer», so Whalley. «Es rückt einem durch die Pandemie einfach stärker ins Bewusstsein.» Die Ausstellung soll vielmehr zeigen, dass Gefühle und Empfindungen in unserem Körper haften, also Grundlage unserer Existenz sind. In diesem Sinn leiste die Ausstellung Aufklärungsarbeit.
Auch in der Ausstellung selbst wird Corona nicht angesprochen. «Ich denke, dass die Leute dieses Themas Müde sind», so Whalley. Corona sei aktuell omnipräsent und sie wisse nicht, ob man der Ausstellung Gutes tut, wenn man das Thema nun nochmals aufgreife. Zudem sei die Corona-Pandemie noch zu jung, um dafür Inhalte für eine Ausstellung zu entwickeln.
Und trotdzem: Die Ausstellung stehe unter einem aktuellen Motto. In «Am Puls der Zeit» gehe es um die Beschleunigung des Lebens. «Wir haben unglaublich viele Dinge entwickelt, die uns das Leben erleichtern und vor allem eins sollen: nämlich, dass wir die Dinge schneller erledigen können», sagt Whalley.
«So haben wir alles rund um uns herum beschleunigt, unseren Körper können wir aber nicht bechleunigen.» Die Austellung soll nun zeigen, welchen Effekt das auf uns hat und die Menschen dazu einladen, darüber nachzudenken.