Gut 100 Fans des dänischen Fussballclubs Brøndby haben Stadionverbot - aber allen Sicherheitskontrollen zum Trotz gelangten viele von ihnen weiterhin ins Stadion. Um das zu verhindern, setzt der Verein als Erster in Europa seit dieser Saison auf automatische Gesichtserkennung am Eingang des Stadions.
Wie gut das funktioniert, ist fraglich. Zwar werden die Algorithmen zur Gesichtserkennung immer besser. Allein zwischen 2014 und 2018 soll ihre Fehlerquote von 4 Prozent auf 0,2 Prozent gesunken sein. Doch in der Praxis – wenn ein Gesicht im falschen Winkel in die Kamera blickt oder schlecht ausgeleuchtet ist – tut sich die Software oft schwer.
Zu viele «False positives» und «False negatives»
Das musste auch die Polizei von Süd-Wales merken, als sie am Champions League Final von 2017 in Cardiff in der Menschenmenge fahndete. 2297 Personen wurden damals als verdächtig erkannt – doch nur 173 davon waren wirklich gesucht.
Wenn sich nicht alle Variablen kontrollieren lassen, produziert automatische Gesichtserkennung oft zu viele falsche Treffer und erkennt die eigentlich Gesuchten nicht. Selbst bei einem System mit einer eigentlich fast perfekten Trefferquote von 99 Prozent geraten in einer Menschenmenge von 100’000 Leuten so immer noch 1000 zu Unrecht ins Visier.
Beim SCB blieb es beim Test
Der schweizerische Fussballverband (SFV) kennt keine entsprechenden Projekte von Schweizer Vereinen. Rechtlich sei in diesem Bereich noch vieles unklar. Für den Verband ist es deshalb zu früh, sich über automatische Gesichtserkennung Gedanken zu machen. Der SFV stellt auch die Verhältnismässigkeit in Frage: Es werde ein grosser technischer Aufwand betrieben, nur um einen verschwindend kleinen Teil der Fans in Griff zu bekommen.
Trotzdem gab es in der Vergangenheit auch in der Schweiz schon Versuche: 2005 testete der Schlittschuhclub Bern (SCB) die automatische Gesichtserkennung am Stadioneingang. Mit der damaligen Trefferquote von 75–80 Prozent war der SCB sehr zufrieden. Doch weil die rechtlichen Leitlinien noch nicht klar definiert waren, sei es beim Versuch geblieben.
Besonders schützenswerte Personendaten
Tatsächlich ist in der Schweiz – wie in den meisten anderen Ländern – Gesichtserkennung nicht explizit in einem Gesetz geregelt. Doch der eidgenössische Datenschutzbeauftragte (EDÖB) hält den Einsatz in Sportstadien für zulässig, wenn bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden.
Dazu gehört etwa die Information der Besucher darüber, dass sie gefilmt werden. Ausserdem muss verhältnismässig sein, welche und wie viele Daten gesammelt werden. Und Bilder, die nicht zu einer gesuchten Person gehören, dürfen nicht gespeichert werden.
Mit der Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz werden die Bestimmungen noch einmal strenger. Gesichter sollen wie andere biometrische Daten zu besonders schützenswerten Personendaten werden. Private müssen dann immer die explizite Einwilligung der Gefilmten einholen. Und für den Staat gilt weiterhin, dass er solche Methoden nicht ohne formelle gesetzliche Grundlage einsetzen darf.