Die Koffer sind gepackt, die Flugtickets ausgedruckt und die Vorfreude auf die Auszeit ist gross. Doch: Statt der erhofften Romantik erleben viele Paare und Familien in den Ferien Streit. Während den Ferien gehen viele Beziehungen in die Brüche.
Dann sind Paarberater gefragt: Die öffentlichen Paarberatungsstellen des Kantons Zürich verzeichnen einen Anstieg von Anfragen direkt nach den Ferien. «Unsere Beratende sind nach den Sommerferien und nach den Weihnachtsferien besonders ausgelastet», sagt Stefan Brülhart, Geschäftsführer von Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich.
Zu viel Nähe
Weshalb es ausgerechnet in den Ferien des Öfteren kracht, weiss Paartherapeut Henri Guttmann: «Es gibt dann Streit, wenn die Erwartungen an die Ferien unterschiedlich sind oder wenn man Konflikte aus dem Alltag ungeklärt mitnimmt.»
Während es zuhause einfacher ist, den Problemen auszuweichen, sind im Urlaub Konfliktgespräche unumgänglich. «Denn man sitzt dauernd und näher aufeinander», sagt Henri Guttmann. «Konflikte, die man zuhause nicht gelöst hat, tauchen schneller wieder auf und man merkt rascher was einen stört.»
Spiegel der Beziehung
Der Umgang in den Ferien verrät bereits einiges über die Beziehung. Aus diesem Grund stellt Guttmann in seinen Paartherapien stets die Frage, wie sich das Paar in den Ferien verträgt.
Streitet es sich auf Reisen seltener als im Alltag, hat es laut Guttmann gute Prognosen. Schlecht steht es hingegen um diejenigen, die in den Ferien häufiger streiten als im Alltag: Sie weichen sich im Alltag aus, statt Konflikte aktiv anzugehen.
Der verflixte dritte Tag
Ein bestimmter Streit lässt sich nicht umgehen: «Den obligatorischen Ferienstreit an Tag drei. Den haben alle», sagt Guttmann. «Auch diejenigen, die sonst kaum streiten.»
Schuld sei die veränderte Umgebung. Das Anpassen an die neue Situation führe unweigerlich zu einem Konflikt.
Vorbeugen statt streiten
Streitereien in den Ferien sind besonders ungünstig, man kann sich nur schlecht ausweichen. Daher empfiehlt Guttmann die latenten Konflikte aus dem Alltag bereits vor der Abreise zu klären. Guttmanns Patentrezept dafür lautet:
Der eine Partner erklärt, was ihn verletzt hat. Der andere entschuldigt sich dafür und möchte gleichzeitig wissen, wie man das wiedergutmachen kann.
Wiedergutzumachen seien Konflikte mit Gesten oder Aktivitäten, die beiden Freude bereiten und zusammenschweissen.
Auch Probleme, die die Ferien selbst betreffen, lassen sich bereits vorgängig aus dem Weg räumen. «Sie entstehen, weil jeder unterschiedliche und hohe Erwartungen an die Ferien mitbringt», sagt Guttmann. Möchte sie etwa am Strand ein Buch lesen, er aber in den Bergen wandern, führt das unweigerlich zu Unstimmigkeiten. Enttäuschungen lassen sich nur verhindern, wenn man bereits beim Planen der Reise die Erwartungen miteinander bespricht und nach Kompromissen sucht.
Stressfaktor Kind
Noch grössere Herausforderungen birgt der Urlaub mit Kindern. «Wenn alle sich erholen können, ist das wirklich ein Glücksfall», sagt Henri Guttmann. Je mehr Personen mit dabei sind, desto mehr Bedürfnisse gibt es. Eine andere Umgebung, andere Geräusche oder fremde Geschmäcker, sind für Kinder schwierig. Deshalb gilt: Wenn die Kinder glücklich sind, können sich auch die Erwachsenen entspannen.
Damit die Beziehung der Eltern nicht untergeht, empfiehlt Guttmann allen Paaren einmal im Jahr für ein paar Tage ohne Kinder zu verreisen. «Ich bekomme immer wieder Postkarten von Leuten, die ich nicht kenne», sagt Guttmann, «Sie freuen sich, das erste Mal ohne Kinder in den Ferien zu sein und bedanken sich für den wertvollen Tipp.»