Mountainbiker und Wanderer nutzen gemeinsam in gegenseitiger Rücksichtnahme und Toleranz dieselben Waldwege und Strassen – soweit die Theorie. Doch so harmonisch funktioniert das nicht überall. Zuletzt am Beispiel des Uetlibergs, wo ein neuer Entscheid des Statthalteramts den Mountainbikern mehr Rechte eingeräumt hat.
Eigentlich hatte Grün Stadt Zürich definiert, dass Mountainbiken am Uetliberg nur auf offiziellen Trails und Waldstrassen erlaubt sei. Der Entscheid des Statthalteramts zeigt aber: Am Uetliberg dürfen alle Wege, die topografisch auf einer Karte eingezeichnet sind, mit dem Mountainbike befahren werden. Weiter heisst es: «Jeder Biker muss also grundsätzlich selber beurteilen, ob sich der Weg für das Befahren mit (s)einem Mountainbike eignet.»
Es wird immer wieder emporstilisiert, dass wir in Konflikt geraten mit Fussgängern – das erlebe ich eigentlich nie.
Der noch nicht rechtskräftige Entscheid gab dem Hobby-Mountainbiker Alec Wohlgroth recht, der für «unberechtigtes Befahren eines Waldgebietes mit einem Mountainbike» am Uetliberg angezeigt worden war. Mit der Anzeige war er aber nicht einverstanden: «Wir haben uns gewehrt und sind zum Schluss durchgekommen, sodass künftig klar ist, dass man solche Wege eben befahren darf.»
Seiner Meinung nach gebe es auch kein Problem am Uetliberg. «Ich fahre schon seit Jahrzehnten am Uetliberg Mountainbike.» Einerseits werde gesagt, die Biker schadeten der Natur – das glaubt Wohlgroth nicht. «Andererseits wird immer wieder emporstilisiert, dass wir in Konflikt geraten mit Fussgängern – und auch da muss ich sagen, das erlebe ich eigentlich nie.»
Berner Oberland fordert klare Trennung
Diese Koexistenz-Strategie am Uetliberg sorgt im Berner Oberland für Kopfschmerzen. Denn am Augstmatthorn in den Emmentaler Alpen kursierte ein Video eines französischen Downhill-Bikers vom November 2021, in dem er auf dem schmalen Grat waghalsige Fahrmanöver zeigte.
Das kann Abstürze geben, das kann Verletzte geben – das kann sogar auch Tote geben.
Christoph Häni, Präsident der Gemeinde Habkern am Augstmatthorn, fürchtet viele Unfälle zwischen Wanderern und Bikern auf dem schmalen Weg. «Das kann Abstürze geben, das kann Verletzte geben – das kann sogar auch Tote geben.» Zudem komme noch das Problem mit den Wildtieren wie Gämsen, die dadurch verscheucht werden. Deshalb plädiert Häni für eine klare Trennung der Wanderwege und Biketrails.
Entflechtung bei hohen Frequenzen sinnvoll
Ähnlich sieht das Michael Roschi, Geschäftsleiter der Schweizer Wanderwege. Separate Wege würden vor allem dort Sinn machen, wo die Frequenzen hoch sind, wie in touristischen Regionen. Denn: «Das Wandern und das Biken sowie verschiedene andere Nutzer-Gruppen nehmen zu, die dann auch auf dem Landweg unterwegs sind in diesen Regionen.» Dort sei zumindest eine teilweise Entflechtung die erfolgversprechendere Variante, findet Roschi.
Braucht es also mehr Entflechtung oder mehr Biketrails, um den Konflikten vorzubeugen? Nein, findet der Mountainbiker am Uetliberg. «Aus meiner Sicht braucht es keine weiteren Spezialregeln.» Es brauche auch nicht mehr Trails, um für eine Entflechtung zu sorgen. «Vielmehr müssen wir lernen, die Wege und den Wald, den wir haben, gemeinsam zu nutzen und tolerant und anständig miteinander umzugehen.»