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Medikament gegen Corona in Sicht
Aus Echo der Zeit vom 30.07.2021. Bild: Reuters
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Corona-Medikamente Schwierige Suche nach der Pille gegen Corona

Noch fehlt ein Medikament, welches das Virus direkt stoppt. Anfang 2022 könnte es laut Experten soweit sein.

Trotz Impfungen kommen weiterhin Menschen ins Spital, weil Covid-19 bei ihnen schwer verläuft. Die Ärzte haben zwar einige Medikamente in der Hand, um sie zu behandeln, aber diese haben nur eine begrenzte Wirkung.

Der Infektiologe Manuel Battegay vom Basler Universitätsspital hat über die letzten Monate viele schwerkranke Covid-Patienten gesehen. Das beste Mittel gegen dieses Leid und den Tod sei die Impfung, sagt er. Sie wirke sehr gut, aber nicht zu hundert Prozent: «Hier ist es gerade bei Immungeschwächten wichtig, dass wir eine komplementäre Möglichkeit zur Impfung haben. Falls es eben zu diesen Impfdurchbrüchen bei vor allem vulnerablen Personen kommt.»

Hier ist es gerade bei Immungeschwächten wichtig, dass wir eine komplementäre Möglichkeit zur Impfung haben.
Autor: Manuel Battegay Infektiologe, Basler Universitätsspital

Fast alle bisherigen Mittel bekämpfen nicht das Virus

Wenn das Sars-CoV2-Virus den Körper via Nase oder Mund betritt, fackelt es nicht lange: Es dringt in die Zellen ein und zwingt diese dazu, in kurzer Zeit unzählige neue Viren zu produzieren. Besonders die Delta-Variante tut dies fulminant. Es kommt im Körper zu einem Virenbrand, der normalerweise nach einigen Tagen wieder vorbei ist.

Bei Menschen, die schwer erkranken, ist es jedoch nicht primär dieser kurze Brand, der das Leben gefährdet, sondern die heftige Antwort des Immunsystems. Fast alle Medikamente, die gegen Covid-19 eingesetzt werden, sind denn auch solche, die nicht das Virus bekämpfen, sondern das Immunsystem dämpfen.

Viele Wirkstoffe schädigen auch gesunde Zellen

Doch es bräuchte auch Wirkstoffe, die den Brand direkt bekämpfen, also das Virus, sagt Manuel Battegay. Aber das sei nicht einfach: «Es ist ein absolut akutes Geschehen. Der Schaden wird sehr schnell gesetzt. Die Entzündung beginnt sehr schnell. Da ist es schwierig, ein Fenster zu finden, wo ein Medikament schnell und gut wirkt.»

Die Entzündung beginnt sehr schnell. Da ist es schwierig, ein Fenster zu finden, wo ein Medikament schnell und gut wirkt.
Autor: Manuel Battegay Infektiologe, Basler Universitätsspital

Kommt hinzu, dass Viren die Maschinerie der Körperzellen nutzen, um sich vermehren zu lassen. Darum schädigen viele Wirkstoffe, die diese Vermehrung stoppen, auch jene Zellen im Körper, die nicht vom Virus befallen sind. Das heisst: Solche Wirkstoffe haben schwere Nebenwirkungen.

Vielversprechender Grippewirkstoff

Die direkte Bekämpfung der Viren ist also schwierig. Darum haben Forscherinnen und Forscher als Abkürzung zuerst untersucht, ob bereits bekannte Medikamente gegen Viren wie Grippe oder Ebola auch die Vermehrung des Sars-CoV2-Virus stoppen können.

Viele solcher Substanzen wurden geprüft. Nur eine hat es bisher ins Spital geschafft: Remdesivir. Aber die Wirkung sei mittelmässig, sagt Manuel Battegay: «Es hemmt die Vermehrung nicht in erwünschtem Masse.»

Doch der Basler Infektiologe hofft auf einen weiteren Wirkstoff, der ursprünglich gegen Grippe entwickelt wurde und nun in klinischen Studien auch bei Covid-19 wirksam zu sein scheint. Die abschliessenden Studien zu Molnupiravir laufen allerdings noch. Sie könnten bis Ende Jahr abgeschlossen sein.

Die Zeit entscheidet

Der Virologe Volker Thiel von der Universität Bern warnt darum, dass auch ein Scheitern kurz vor der Ziellinie noch möglich sei. Besonders in diesem Fall. Denn die Anforderungen sind hoch: Damit das Medikament eine Chance hat, den Brand im Körper zu löschen, den das sich rasant vermehrende Sars-CoV2-Virus entfacht, müsse man dieses Medikament sehr schnell nach der Ansteckung nehmen.

Volker Thiel erklärt: «Die ersten Anzeichen von Unwohlsein und der Entschluss zu einem Test wären eigentlich der Zeitraum, wo solche Medikamente wirken würden. Da fühlt man sich aber noch nicht so schlecht, dass man ins Spital muss. Entsprechend müsste man vorher schon wissen, wer vielleicht einen schweren Verlauf zu erwarten hat.»

Die ersten Anzeichen von Unwohlsein und der Entschluss zu einem Test wären eigentlich der Zeitraum, wo solche Medikamente wirken würden.
Autor: Volker Thiel Virologe, Universität Bern

Schutz von Risikogruppen

Das Medikament ist also vor allem für Risikogruppen wichtig. Aber das sind immer noch recht viele, die das Medikament einnehmen sollten, noch fast bevor die Diagnose feststeht. Dies steigert die Anforderungen an den Wirkstoff beträchtlich: Er darf nicht zu teuer sein, muss leicht zu verabreichen sein, also als Pille, und seine Nebenwirkungen müssen harmlos sein.

Neben Molnupiravir stehen noch wenige andere Wirkstoffe in den letzten Testphasen. Darum ist der Basler Infektiologe Battegay trotz dieser hohen Hürden zuversichtlich, dass er bald ein wirksames Medikament in die Hände bekommt, das die Sars-CoV2-Viren direkt stoppt: «Das ist realistisch. Es brauchte beim HI-Virus damals eine lange Zeit. Jetzt geht es kürzer, weil man bereits sehr viel über das Corona-Virus weiss.»

Die vielen Milliarden, die in der Pandemie in die Forschung gesteckt wurden, hätten sich darum gelohnt, sind sich Manuel Battegay und Volker Thiel einig.

Echo der Zeit, 30.07.2021, 18:00 Uhr

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