Die Liste der Opfer beim jüngsten Hacker-Angriff auf Twitter liest sich wie ein «Who's who» der US-Prominenz: Ex-Präsident Barack Obama, Amazon-Chef Jeff Bezos, Rapper Kanye West, Tesla-Gründer Elon Musk, Präsidentschaftskandidat Joe Biden. Viele weitere machten mit ihren gehackten Accounts unfreiwillig bei einem Bitcoin-Betrugsversuch mit. Der Angriff gilt als beispiellos. Die Bundespolizei FBI ermittelt.
SRF News: In Filmen werden Hacker meist als komische Typen, Genies und Einzelgänger zwischen leeren Pizzakartons dargestellt. Wie sehr trifft dieses Bild zu?
Guido Berger: Das Bild ist nicht falsch, aber sehr stark eingeengt. Skepsis gegenüber Regierungen gehört zum Hacker-Begriff, aber auch ein extremes Interesse an Technologie. Und immer auch die Suche nach Wegen, wie man Technologie umgehen und für nicht vorgesehene Zwecke nutzen kann. Angefangen hat das in einer Hobby-Szene. Heute ist Hacking aber sehr stark professionalisiert und für viele zum Beruf geworden.
Stehen bei grösseren Cyberangriffen wie jener auf die Twitter-Konten Organisationen und Strukturen dahinter?
Im konkreten Fall weiss man das noch nicht. Allerdings sind heute die meisten Hacker professionell organisiert. Ein Teil arbeitet für Regierungen oder sogar Geheimdienste. Andere arbeiten für Unternehmen. Es gibt aber auch viele Hacker im kriminellen Untergrund – organisierte Cyberkriminalität. Sie ist generell ein Geschäftszweig des organisierten Verbrechens geworden.
Aber gibt es die Einzelgänger auch noch, die – wie im Film – die Welt verbessern wollen?
Die Motive sind so vielfältig wie die selbst ernannten Hacker. Eine politische Motivation gehörte schon immer zum Hacker-Begriff dazu. Es gibt viele berühmte Hacker mit politischen Absichten wie etwa Julian Assange. Die andere Motivation ist schlicht und einfach Geld verdienen. Also Spams verschicken oder automatisierte Schadprogramme (Bots) loslassen, um Leute zur Überweisung von Geld zu bewegen. Es gibt aber auch jene, die aus privatem Interesse hacken und an «Hacker Conventions» teilnehmen.
Die andere Motivation ist schlicht und einfach Geld verdienen. Mit Spams und Schadprogrammen.
Hacking riecht rasch nach Heldenstatus. Vom modernen «Robin Hoods» ist in einem Kommentar zum jüngsten Twitter-Angriff die Rede. Trifft das zu?
Es gibt Leute, die sicher diesen Anspruch haben. Im Twitter-Fall ist es für Spekulationen noch etwas zu früh. Zurzeit sieht es aber so aus, dass sie einfach Geld abziehen wollten mit einem Betrugsversuch. Das ist wohl kaum heldenhaft. Den Hacker-Begriff kann man aber eben sehr gut auch mit eigenen politischen Ansichten aufladen. Auf der anderen Seite sind da unter anderem die Unternehmen, die sich tagtäglich gegen die Angriffe von Cyberkriminellen verteidigen müssen.
Das Gespräch führte Isabelle Maissen-Domokos.