Bezahlen mit Bargeld ist rückläufig. Viele Zentralbanken überlegen sich deshalb, wie digitalisiertes Bargeld aussehen könnte. Bereits einen Schritt weiter ist man an der Fachhochschule Bern in Biel, wo man mit dem GNU Taler bezahlen kann, einer digitalen Variante von Bargeld.
Technik unsichtbar machen
Ausgedacht hat sich das Bezahlsystem Christian Grothoff, Professor für Informatik an der FHB. Für eine Demonstration hilft er mir, GNU Taler auf mein Smartphone zu laden. Ich gebe ihm 26 Schweizer Franken in bar, scanne einen QR-Code auf seinem Laptop ein und bin dann im Besitz von 26 Taler.
Die Nutzung der Taler-App ist ein Kinderspiel, das ist dem Erfinder wichtig: «Die beste Technik ist die, die verschwindet», so Christian Grothoff.
Von den komplexen kryptographischen Prozessen, die beim Aufladen im Hintergrund ablaufen, soll ich nichts mitbekommen: Die Taler-App generiert zuerst digitale Münzen, sogenannte Token. Dann schickt sie die zusammen mit den selbst generierten Seriennummern an die Bank. Sobald ich bezahlt habe, signiert die Bank meine Token digital, ohne dass sie dabei die Seriennummern zu sehen bekommt (Blind Signature) und schickt die Münzen zurück auf mein Smartphone.
Schutz der Privatsphäre
Dieser komplexe Vorgang garantiert, dass ich als Käufer anonym bleibe: «Für sie als Benutzer ist der Datenschutz wie bei Bargeld», meint Christian Grothoff. Anders als bei den gängigen elektronischen Zahlungsmitteln hinterlasse ich keine Datenspur, wenn ich mit GNU Taler bezahle. Alle Daten bleiben auf meinem Smartphone und ich kann damit machen, was ich will.
Ausgeben kann man GNU Taler in der Cafeteria oder an einem umgebauten Automaten, wo man sich das neue Buch von Sibylle Berg kaufen kann: Dazu einfach die Kamera des Smartphones auf das graphische Muster des QR-Codes am Automaten halten.
Keine Steuerhinterziehung
Auch bei einem Kauf läuft ein komplexer Vorgang ab: Meine digitalen Münzen schliessen mit dem Automaten einen Vertrag ab. Die App schickt dann Token im Wert von 22 Taler an den Automaten, der sie wiederum an die Bank weiterleitet, zusammen mit einer Identifikationsnummer des Vertrags.
Aufgrund der Seriennummer überprüft die Bank, ob die Münzen bereits einmal ausgegeben wurden. Wenn alles seine Richtigkeit hat, schreibt die Bank dem Betreiber des Automaten 22 Franken gut. Der Händler erhält sein Geld also nicht in GNU Taler auf sein Smartphone überwiesen, sondern in der offiziellen Währung auf ein gängiges Bankkonto .
Im Unterschied zu Bargeld und einigen Kryptowährungen soll das System die Privatsphäre des Verkäufers nicht absolut schützen: «Ein Händler, der Geld bekommt, kann das nicht verstecken», so Christian Grothoff. Auf diese Weise sei sichergestellt, dass der Verkäufer sich an Regeln halten muss, dass er zum Beispiel die Steuern nicht hinterziehen kann.
Tiefe Kosten
Der GNU Taler ist schnell und effizient. Würde die Nationalbank das System auf breiter Basis betreiben, schätzt Christian Grothoff die Kosten für eine Überweisung auf einen Tausendstel Rappen. Für die Gesellschaft stelle sich deshalb die Frage, ob wir neben der Mehrwertsteuer auch noch zwei Prozent Kreditkartensteuer bezahlen wollen.
Ganz abschaffen möchte Christian Grothoff das Bargeld nicht, denn ganz kann man das traditionelle Zahlungsmittel kaum durch digitale Technologie ersetzen: Etwa, wenn die Internetverbindung oder die Stromversogung ausfällt.