Schnelles Internet braucht Glasfaserkabel bis in die Häuser, anders können wir die Datenmenge nicht bewältigen, die sich alle paar Jahre vervielfacht. Das Problem: In der Schweiz gibt es einen grossen Glasfasergraben. Rund 70 Prozent der Haushalte haben keinen Glasfaseranschluss. Darunter auch Städte wie etwa Aarau, ländlichere Gebiete sind noch weiter entfernt, in den Genuss eines Glasfaserausbaus zu kommen.
Aber es gibt Ausnahmen: Ligerz ist eine. Im kleinen Weindorf am Bielersee haben die rund 550 Einwohner die Möglichkeit, über Glasfaser aufs Internet zu gelangen. Angeboten wird die Leitung nicht von den üblichen Verdächtigen, Swisscom oder UPC Cablecom etwa, sondern von einem Mann: Beat Fahrni.
Ligerz, die Datenwüste
Der Netzwerktechniker ärgert sich seit Jahren darüber, dass es in der Schweiz viele Regionen gibt, die keine modernen Glasfaseranschlüsse bieten können. Es sind «Wüsten» wie er sagt. Um Ligerz in eine Oase zu verwandeln und glasfasertechnisch zum Blühen zu bringen, investierte Beat Fahrni Zeit und eigenes Geld. So katapultierte er ein verschlafenes Dorf mit musealem Charakter in die Zukunft.
Auf pitoresken Gässchen gelangt der Besucher vom Bahnhof in die Rebberge.
Die Bahnlinie macht viel Lärm, bringt aber einen entscheidenden Vorteil: In einem Betonschacht neben den Gleisen liegen Glasfaserkabel.
Das bedeutet, dass das schnelle Internet eigentlich bis nach Ligerz reicht – nur eben nicht bis in die Häuser. Die Glasfaserleitungen enden in einem kleinen, grauen Betonkasten gleich neben dem Bahnhof. Von hier aus leitet UPC die Daten ihrer Kunden über langsamere Coaxialkabel in die Häuser weiter.
Eine Verschwendung, denn über diese Kupferkabel gelangen die Daten nie in der Bandbreite und Geschwindigkeit in die Häuser, die für die nächsten Jahrzehnte notwendig sein wird. Also überlegte sich Beat Fahrni, wie er die Glasfaserleitung bis zu den Häusern verlängern könnte. Dabei kam ihm der Zufall zu Hilfe.
Dank Fernwärme Glasfaserkabel bis in die Häuser
Bio-Winzer Bruno Martin erzählte ihm 2013 von seinem Vorhaben, neben dem Dorf eine kleine Fernwärmezentrale zu errichten, die er mit Holzschnitzeln befeuern wollte. Für die Verteilung des warmen Wassers mussten natürlich Leitungen verlegt werden. Beat Fahrni regte an, den Graben doch gleich etwas breiter auszuheben, damit ein zweites Rohr hineinpasst – für den Lichtleiter.
Nun führt ein Glasfaserkabel vom Kasten am Bahnhof ein paar hundert Meter weiter zu einem Gebäude, in dessen Keller sich Beat Fahrnis «Zentrale» befindet.
Von hier verteilt der kleinste Provider der Schweiz das Internet über weitere Glasfaserkabel in den Rohren des Fernheizungsnetzes zu seinen vier Kunden. Auch Winzer Bruno Martin ist natürlich einer von ihnen. Er bezieht einen synchronen 100 mbit/s-Internetanschluss über Bruno Fahrnis lokales Netz.
Beat Fahrni plant, jeden Monat zwei neue Kunden hinzuzugewinnen, die ihm 1000 Franken einmalige Anschlussgebühr bezahlen und 40 Franken pro Monat für schnelles Internet. Auf diese Weise hofft er, in ein paar Jahren seine Investitionen zu amortisieren.
Das Schicksal kleiner Gemeinden liegt also nicht einfach in den Händen der grossen Provider. Private Initiative kann ein kleines Dorf davor retten, ins digitale Hintertreffen zu geraten. Bereits interessiert sich eine weitere Gemeinde für die unkonventionelle Vorgehensweise der Ligerzer. Vielleicht ist der kleinste Internetprovider der Schweiz in Zukunft schon bald nicht mehr ganz so klein.