Sie sind für die Landwirte hierzulande zurzeit ein grosses Problem: Überall in der Schweiz machen sich Krähen an Maisfeldern zu schaffen. Die Vögel können innert kürzester Zeit eine mehrere Fussballfelder grosse Fläche leer fressen und fügen so den Bauern grosse Schäden zu.
Gemäss dem Experten eines Saatgutherstellers wurden in diesem Jahr bereits drei Mal so viele Schäden gemeldet wie in den Vorjahren. Es sind vor allem Raben- und Saatkrähen, die unterwegs sind. Die Tiere kommen meist in Schwärmen im Morgengrauen und picken die Maiskörner einzeln aus den Feldern heraus.
Krähen mögen neues Pflanzenschutzmittel
Fraglich ist, weshalb es zur Häufung der Fälle kommt. Auf der Webseite der Vogelwarte Sempach ist nachzulesen, dass zurzeit mehr Saatkrähen am Schweizer Himmel unterwegs sind als in der Vergangenheit. Es handelt sich dabei jedoch um einen Trend, der bereits seit mehreren Jahren anhält. Früher wurden die Tiere gezielt verfolgt und getötet, was heute nicht mehr der Fall ist. Bei den viel häufiger auftretenden Rabenkrähen lässt sich bereits seit einigen Jahren gemäss dem Brutbestandindex der Vogelwarte Sempach kein Wachstum feststellen.
Weil sie Generalisten und intelligent sind, gehören die Krähen zu den wenigen Tieren, die im heutigen Kulturland überleben können.
Die Fressgewohnheiten der bestehenden Populationen dürften eher im Fokus stehen. Bei den Tieren handelt es sich nämlich um Allesfresser oder – wie Stefan Bachmann, Sprecher von Bird Life Schweiz, sagt: «Generalisten, die sehr intelligent sind». Die Tiere brüten normalerweise in ihrem eigenen Territorium. Jungtiere, die noch nicht geschlechtsreif sind, schliessen sich zu sogenannten «Junggesellen-Schwärmen» zusammen, die eine Grösse von 50 bis 300 Tieren erreichen können. Genau diese Gruppen sollen nun auch für die vielen leeren Maisfelder hierzulande verantwortlich sein.
Viele Vögel in der Schweiz sind durch die intensive Landwirtschaft hierzulande bedroht. Aufgrund ihrer hohen Intelligenz und einer breiten Palette an möglicher Nahrung gehören die Krähen jedoch zu den wenigen Arten, die sich dem modernen Kulturland gut anpassen konnten. Auch der Klimawandel dürfte nicht der Grund sein für die aktuelle Häufung leer gefressener Maisfelder.
Für die betroffenen Bauern ist klar, dass neue Umweltschutzrichtlinien, die sowohl die EU als auch die Schweiz beschlossen hätten, wohl der entscheidende Faktor bei der aktuellen Häufung an geplünderten Maisfeldern darstellen. Diese untersagen nämlich den Gebrauch bisher eingesetzter Pflanzenschutzmittel, die zum Beizen des Saatguts verwendet wurden. Die neuerdings eingesetzten Stoffe sind weniger bitter und schmecken den Vögeln offenbar besonders gut.
Studie soll Gründe und Lösungsansätze eruieren
Allerdings ist nicht abschliessend geklärt, ob die Zusammensetzung der Saatgutbeschichtungen wirklich der einzige Grund für die aktuelle Häufung von Fällen ist. Bereits in früheren Jahren waren die Vögel in Teilen der Schweiz sehr aktiv. Im aargauischen Kaiseraugst versuchte man es vergangenes Jahr mit einem kreativen Ansatz: Die dortigen Behörden setzten eine Drohne ein, um dem Problem der zu grossen Rabenpopulation Herr zu werden.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des landwirtschaftlichen Kompetenzzentrums Agroscope arbeiten zurzeit an einer Studie, mit der sie herausfinden wollen, wie man das Problem der hungrigen Raben und Krähen in den Griff bekommen kann. Gemäss der Projektleiterin Alice Baux steht vor allem das Verhalten der Vögel im Vordergrund. Neben dem Mais seien vor allem Sonnenblumen betroffen. Die Forschenden suchen nach neuen, tierschonenden Methoden, um die Raubvögel von den Feldern fernzuhalten.
Wenig aussichtsreich in der Bekämpfung der Plage sind die herkömmlichen Vogelscheuchen. «Die helfen wohl wenig», sagt Stefan Bachmann von Bird Life kurz und bündig. Stattdessen werden immer mehr in den Feldern platzierte Gasballone gesichtet. Allerdings würden die cleveren Tiere meist nach einiger Zeit merken, dass davon keine Gefahr ausgehe.