Im Januar 2020 bestellt Eva W. auf der Webseite von Viagogo zwei Tickets für das Basel-Tattoo. Sie will gute Plätze, jeder kostet mehr als 100 Franken. Doch als sie die Tickets später per Mail erhält, fällt sie aus allen Wolken: Es sind die billigsten Plätze für je 39 Franken. Eva W. hat viel mehr bezahlt als 78 Franken, nämlich 239 Euro – also rund 268 Franken.
Sie ärgert sich: «Das ist nicht das, was ich bestellt habe.» Für sie ist das eigentlich «ein Beschiss» und den akzeptiert sie nicht. Sie will die Tickets sofort retournieren. Bei Viagogo geht niemand ans Telefon, irgendwann fliegt sie aus der Leitung. Eva. W. gibt nicht auf und schickt Viagogo mehrere eingeschriebene Briefe. Doch von der internationalen Ticketbörse mit Sitz in Genf bekommt sie keine Antwort.
Hinweis von Viagogo übersehen
Beim Buchen auf der Webseite realisierte Eva W. nicht, dass Viagogo eine Wiederverkaufsbörse ist. Sie übersah das eher diskrete Banner: «Viagogo ist der weltweit grösste Sekundärmarktplatz für den Verkauf von Live-Event-Tickets.» Ebenso bemerkte sie den Hinweis nicht, dass die Preise von den Verkäufern festgelegt werden.
Sie ist kein Einzelfall. In den letzten Jahren waren überteuerte Tickets ein Dauerärger von Viagogo-Kunden, die sich bei «Kassensturz» und beim Radiomagazin «Espresso» meldeten.
«Espresso»-Redaktor, Stefan Wüthrich berichtet seit längerer Zeit über Viagogo und viele empörte Kunden. Er zweifelt, dass Viagogo eine reine Wiederverkaufsbörse ist: «Man vermutet, dass Viagogo ein Netzwerk an Leuten hat, die für sie im offiziellen Vorverkauf Tickets zusammenkaufen und diese dann massiv teurer über Viagogo weiterverkaufen.»
Bei Basel-Tattoo ist das Problem mit den überteuerten Viagogo-Tickets bekannt. Auf der Webseite gibt es deswegen eine Warnung vor Buchungen über Viagogo und anderen Wiederverkäufern. Andreas Kurz, Mediensprecher des Basel-Tattoo, stellt klar, Viagogo ist kein autorisierter Ticketverkäufer.
Hilfeiche Links:
Fällt eine Veranstaltung aus, muss das Ticket zurückerstattet werden
Das Basel-Tattoo konnte im letzten Sommer wegen des Corona-Veranstaltungsverbots nicht durchgeführt werden. Die meisten Besucher hätten ihre Tickets behalten und auf Konzerte in diesem Sommer umgebucht, sagt Andreas Kurz.
Aber die Verschiebung einer Veranstaltung gibt Kunden und Kundinnen die Möglichkeit, Tickets zu retournieren. Sie müssen das neue Datum nicht akzeptieren und haben Anspruch auf Rückerstattung. Eva W. erkannte ihre Chance und forderte von Viagogo mit diesem Argument die 268 Franken zurück.
Klage gegen Viagogo in Genf
Auch dieses Mal gibt es keine Reaktion. Eva W. lässt nicht locker und betreibt das Unternehmen, allerdings ohne Erfolg. Doch sie sagt sich: «Ich ziehe das jetzt durch», und reicht Klage am Gericht, dem Tribunal de première instance in Genf ein. Im Februar hat die zuständige Richterin entschieden, Viagogo muss ihr die Tickets für die abgesagte Veranstaltung zurückerstatten und hat das zwischenzeitlich auch getan. Die Freude bei Eva W. ist gross, dass sie als «kleine Eva» ein Verfahren gegen dene Goliath – die internationale Ticketbörse Viagogo – gewonnen hat.