Das Wichtigste in Kürze
- Elektronisches Spielzeug und elektronische Medien gehören heute zur Lebenswelt der Kinder. An der Schule Zurlinden in Zürich gibt es auf Wunsch der Schüler deshalb einen jährlichen Elektroniktag.
- Eltern sollen mit ihren Kindern über den Umgang mit elektronischen Medien reden und ihnen von Anfang an klare zeitliche Grenzen setzen.
- 3-5 jährige Kinder sollen nicht länger als 30 Minuten am Tag vor dem Bildschirm sitzen, 6-9 jährige nicht länger als 5 Stunden pro Woche, 10-12 jährige dürfen doppelt so lange.
- Eltern sollen sich von den Kindern erklären lassen, was sie an einem elektronischen Gerät fasziniert und Interesse daran zeigen, zum Beispiel indem sie auch selber einmal ein Game spielen.
Man merkt es den Jungen und Mädchen der 1.-3-Klasse an, dass heute ein besonderer Tag ist. Aufgeregt gehen sie von Tisch zu Tisch und schauen, welches Spielzeug ihre Kameraden zum Elektroniktag mitgebracht haben.
Bei vielen ist das ein iPad oder ein anderes Tablet – manchmal das eigene, manchmal das der Eltern. Einige Geräte sehen fast neu aus, andere haben viele Beulen und einen fast komplett zersplitterten Bildschirm.
Am sogenannten «Elektroniktag» dürfen die Kinder einmal im Jahr ihre liebsten elektronischen Spielsachen ins Klassenzimmer mitbringen. In der Zürcher Schule Zurlinden passiert das nun schon zum dritten Mal.
Die Idee dazu stammt von den Kindern selbst. Sie haben sich im Kinderparlament einen solchen Anlass gewünscht. Vom Kindergarten bis zur Mittelstufe machen alle Klassen mit. An anderen Schweizer Schulen finden ähnliche Anlässe statt.
Regeln müssen sein
Einige der älteren Kinder im Klassenzimmer besitzen bereits ein eigenes Smartphone. So etwa die 9-jährige Ezra, die erklärt: «Ich benutze das Handy vor allem für Schulaufgaben, um im Internet Sachen nachzuschauen. Aber manchmal mache ich auch Fotos damit, weil das Spass macht.» Sagt es und stellt sich mit zwei Freundinnen ans Schulzimmerfenster, hinter dem der verschneite Pausenplatz zu sehen ist, um ein Gruppenselfie zu machen.
Ezra sagt, ihre Eltern überwachten nicht, was sie alles mit dem Smartphone mache. Sie würden ihr vertrauen. Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser, meint dagegen Ezras Lehrerin Vreni Dutzi, die seit 31 Jahren im Beruf arbeitet. Und in der Zeit hat sich viel verändert. Die erfahrene Lehrerin kennt Kinder, die ihre Freizeit fast ausschliesslich vor dem Bildschirm eines elektronischen Gerätes verbringen. Das hat Folgen: «Sie waren noch nie im Zoo und gehen auch nicht in den Wald mit den Eltern. Wenn solche Sinneserfahrungen fehlen, wirkt sich das auch auf das Lernen aus.»
Verteufeln will Dutzi die elektronischen Medien aber auf keinen Fall – sie seien eine gute Ergänzung zu anderen Spielsachen. Wichtig sei aber, dass die Eltern ihre Kinder im Umgang mit elektronischen Geräten begleiten und ihnen zeitliche Grenzen setzen.
Medienpsychologen raten, 3-5 jährige Kinder sollten nicht länger als 30 Minuten am Tag vor dem Bildschirm sitzen. Für 6-9 jährige seien 5 Stunden pro Woche genug, 10-12 jährige dürften doppelt so lange.
Aufregung vor dem Elektroniktag
Auch Ritta Galliker, die in der Schule Zurlinden eine Kindergartenklasse unterrichtet, hält elektronische Geräte in Kinderhand für nichts Schlimmes. Sie gehörten heute einfach zur Lebenswelt der Kinder: «Für unsere Generation der über 30-jährigen haben solche Spielsachen noch etwas Fremdes, aber die Kinder wachsen ganz selbstverständlich damit auf.» Deshalb sei es umso wichtiger, Kindern einen kompetenten und mündigen Umgang mit solchen Geräten und Inhalten beizubringen.
Dazu gehöre auch, dass sich die Eltern dafür interessieren, was ihre Kinder mit elektronischem Spielzeug und elektronischen Medien eigentlich machen. Dass sie sich vom Kind erklären lassen, was an einem Spielzeug, Video oder Game so faszinierend sei. Und dass sie zum Beispiel auch selbst einmal ein Game spielen, um die Begeisterung der Kinder besser zu verstehen.
Dass schon Kindergartenkinder sich für elektronische Geräte begeistern können steht für Ritta Galliker jedenfalls ausser Frage: «Alleine die Aufregung, die hier vor dem Elektroniktag herrschte, hat gezeigt, dass die Kinder solche Dinge einfach toll finden.»