Gleichgeschlechtliche Ehen sind in vielen Staaten selbstverständlich geworden. Auch die Schweiz hat vergangenes Jahr als eines der letzten Länder Europas Ja zur «Ehe für alle» gesagt. Widerstand leistet aber der Vatikan. Er lehnt nicht nur eine Heirat von homosexuellen Paaren ab. Seit Montag ist auch klar: Rom verweigert ihnen auch die kirchliche Segnung.
So steht es im Schreiben der vatikanischen Glaubenskongregation. Die römisch-katholische Kirche sei nicht befugt, homosexuelle Paare zu segnen, stellte die Glaubenskongregation in einem «Responsum ad dubium» (Antwort auf einen Zweifel) klar.
«Die römische-katholische Kirche schreibt, dass Gott die Sünde nicht segnen könne», berichtet SRF-Korrespondent Franco Battel aus Rom. Ihn erstaunt die Erklärung der Glaubenskongregation nicht. «Hätte die Kirche homosexuelle Beziehungen segnen lassen, hätte das Wohl für mehr Schlagzeilen gesorgt.»
Segnung einzelner möglich
Im Schreiben heisst es zwar, dass es in gleichgeschlechtlichen Beziehungen «positive Elemente» gebe. Diese würden aber eine Segnung nicht rechtfertigen. Einzelne Menschen mit homosexuellen Neigungen könne der Segen jedoch durchaus gespendet werden. «Aber nur jenen, die den Willen bekunden, dem göttlichen Plan nachzuleben.»
Battel übersetzt die verklausulierten Worte aus dem Vatikan: «Das heisst wohl: Die römisch-katholische Kirche will nur jene Menschen segnen, die keinen gleichgeschlechtlichen Sex haben.»
Papst Franziskus billigte das Schreiben – obwohl er noch im Herbst in einem Dokumentarfilm positive Signale ausgesandt hatte. «Homosexuelle sind Kinder Gottes, sie haben das Recht auf eine Familie. (…) Wir müssen ein Gesetz für zivile Partnerschaften schaffen – denn sie haben auch das Recht, rechtlich abgesichert zu sein.»
Hat Papst Franziskus seine Meinung geändert? Battel relativiert: «Er hat diese Aussage sozusagen en passant gemacht: Nicht in einem offiziellen Kontext und auch nicht in einem ausgefeilten offiziellen Text.»
Konservativer Klerus setzt sich durch
Und: Der Papst habe damals nur gesagt, dass er von Staaten gewährten Partnerschaften zustimme – aber nicht der Ehe. Der Papst äusserte sich also nicht zur Frage, was die römisch-katholische Kirche gleichgeschlechtlichen Paaren gewähren könnte. «Jetzt weiss man: Sie gewährt ihnen nichts», folgert der Korrespondent.
Es zeigt sich einmal mehr: Ein grosser Reformer ist Papst Franziskus nicht.
Der konservative Klerus hat sich also mit seiner Position im Vatikan durchgesetzt. Battel rechnet damit, dass der Spielraum für Reformer innerhalb der Kirche weiter eingeschränkt wird. In einigen Ländern, vor allem in Nordeuropa, gab es bislang Priester, die lesbische oder schwule Paare segneten. Dies sei aber in einer Art Grauzone passiert, so Battel. Und diese Grauzone habe der Vatikan nun beseitigt.
Sein abschliessendes Verdikt: «Es zeigt sich einmal mehr: Ein grosser Reformer ist Papst Franziskus nicht.» Battel erinnert daran, dass der Papst es erst kürzlich ablehnte, in Gebieten mit akutem Priestermangel wie dem Amazonas auch Laien mit priesterlichen Aufgaben zu betrauen. «Auch in dieser Frage hat Franziskus am Schluss eine konservative Position eingenommen.»