Das Wichtigste in Kürze
- Ex-Bankräuber Hugo Portmann kommt im Juli nach 35 Jahren Gefängnis frei.
- Die «Rundschau» begleitet Portmann bei seinem letzten Freigang vor seiner Freilassung.
- Nach über drei Jahrzehnten Gefängnis ist ihm heute vieles fremd.
- Den Ex-Bankräuber interessieren vor allem Computer-Shops.
Hugo Portmann geht über die Bahnhofstrasse in Zürich, schnellen Schrittes, mit Sportkleidung und Rucksack. Er wirkt gehetzt, will schnell vorwärts, hat Mühe seinen Weg durch die vielen Leute auf der Strasse zu finden. Hier ist er heute fremd.
Beim Stand einer türkischen Oppositionspartei stellt er sich spontan vor: «Guten Tag, mein Name ist Hugo Portmann, ehemaliger Bankräuber.» Den Aktivisten wünscht er viel Erfolg. «Ich wünsche allen Freiheit. Nur einer, der selbst im Gefängnis gesessen hat, weiss, was Freiheit bedeutet», sagt Portmann.
Besuch im Computer-Shop
Portmann sass wegen Bankraubs und Geiselnahme 35 Jahre hinter Gittern. Dreimal ist er ausgebrochen, hat sofort neue Banken überfallen, auf Polizisten geschossen. Den Justizbehörden wurde es zu viel. Portmann kassierte dreimal eine Verwahrung. Es war unklar, ob er jemals wieder auf freien Fuss kommt.
Nun kommt Portmann Mitte Juli frei, doch schon jetzt darf er abtasten, was es heisst, in Freiheit zu leben. Das einzige, was ihn zurzeit an der heutigen Konsumwelt interessiert, sind Computer-Shops. Da schaut er sich die Geräte an, auf die er in der Gefangenschaft verzichten musste. Und dabei weckt Portmann auch das Interesse der Verkäuferinnen. Sie fragen den Ex-Bankräuber, ob er Zeitung lesen durfte und ob er allein in der Zelle war. Er solle unbedingt ein Buch schreiben und sie wieder im Laden besuchen.
Therapie verweigert
Der früher gefährliche Bankräuber weckt Interesse, manchmal auch Faszination bei anderen Menschen, zum Beispiel bei Frauen. 2012 heiratete er eine Frau, die ihn nur aus der Zeitung kannte. Sie hatte sich in sein Foto verliebt. Mittlerweile ging die Ehe in die Brüche. Die Frau ging davon aus, dass Portmann aus dem Gefängnis kommt, wenn sie ihn heiratet. Das war nicht so.
Portmann musste seine Strafe bis zum letzten Tag absitzen. Unter anderem, weil er sich geweigert hat, eine Therapie durchzuführen. Portmann behauptet, das sei «Gehirnwäsche». Psychiater Frank Urbaniok hält dagegen: «Bei Straftätern gibt es eine berechtigte Erwartung der Gesellschaft, dass sich die Täter mit ihrer Gefährlichkeit auseinandersetzen.»
Tatort-Besuch
Die «Rundschau» begleitet Portmann zur ehemaligen Filiale der Zürcher Kantonalbank in Adliswil. Portmann war das letzte Mal 1988 hier – als er auf seiner Flucht aus dem Gefängnis diese Bank ausraubte. Er sagt, er hatte alles genau geplant. Der Überfall habe morgens um acht stattgefunden. Der Pendlerverkehr sei um diese Zeit intensiv und so sei es für die Polizei schwierig, schnell zu reagieren. Ausserdem gebe es um diese Uhrzeit keine Kinder im Schalterraum, erklärt Portmann.
Portmann ist erst einmal auf Bewährung frei. Er darf keine Waffe besitzen, nicht einmal ein Waffengeschäft betreten. Sein Leben werde unspektakulär sein, verspricht er. Eine Stelle hat er schon – als Müllmann in Zürich. Er wird in einer kleinen 1-Zimmer-Wohnung leben. Für Portmann dennoch «ein Juwel». «Mehr brauche ich nicht. Ich könnte auch in einem Wohnwagen schlafen. Ich war es gewohnt, in einer Zelle zu leben.»
Portmann ist sich bewusst, dass es ein Fehler war, Menschen als Geiseln zu nehmen und in Richtung Polizei zu feuern. «Es war ein kriminelles Delikt», sagt er. «Man darf es nicht verharmlosen.» Er habe 35 Jahre dafür gebüsst. Nun sei Schluss.