Im November 2019 liegt im Briefkasten von Daniela H. eine Pfändungsankündigung. Darin fordert die Firma P – eine grosse Schweizer Immobilienverwaltung – 8407 Franken für ausstehende Mieten in Genf. Daniela H. denkt an einen Irrtum. Weder kennt sie die Firma P, noch hat sie einen Bezug zu Genf.
Also kontaktiert sie P. Dort erfährt sie, dass die Forderung für eine Mietwohnung in Meyrin besteht. Über das Betreibungsamt findet sie heraus, dass diverse Mahnungen und ein Zahlungsbefehl vorab an die Adresse in Meyrin geschickt wurden. Davon weiss Daniela H. nichts. Sie findet aber heraus, dass Verwandte ihres Ex-Mannes an besagter Adresse eine Wohnung gemietet und ab 2019 keine Miete mehr bezahlt haben. Daniela H. verlangt eine Kopie des Mietvertrags und fällt aus allen Wolken. Da stand zwar ihr Name, aber: «Ich habe diesen Vertrag nie unterschrieben, die Unterschrift wurde gefälscht.» P schreibt «Kassensturz», der Mietvertrag sei 2005 an die Adresse von Daniela H. und die ihres Ex-Mannes zugestellt worden. Daniela H. sagt, sie habe zum Zeitpunkt der Zustellung nicht mehr an der Adresse gewohnt und nichts von diesem Mietvertrag gewusst.
P geht bis vor Gericht
Sie versucht sofort zu belegen, dass sie nicht die Mieterin ist. Die Zeit drängt, denn kurz vor einer Pfändung kann sie keinen Rechtsvorschlag mehreinlegen, um das Verfahren zu stoppen. Daniela H. schickt die Wohnsitzbestätigung der Stadt Bern und eine Kopie ihrer ID – wie gefordert – an den damaligen P-Geschäftsführer. Sie weist ihn darauf hin, dass ihre Unterschrift, und wahrscheinlich auch die ihres Ex-Mannes, gefälscht wurden.
Der Besuch des Pfändungsbeamten war für mich sehr schlimm und erniedrigend.
Ohne Erfolg. Das Inkassoverfahren läuft weiter, und der Pfändungsbeamte steht vor der Tür. «Das war sehr schlimm und erniedrigend», erinnert sich Daniela H. Auch der Eintrag im Betreibungsregister schränkt ein, die Angelegenheit droht ihr über den Kopf zu wachsen. Sie sucht Hilfe bei Anwalt Markus Kobel. Er kritisiert: «P lässt sich durch nichts vom Holzweg abbringen, trotz aller eingereichten Dokumente.» Im Gegenteil: Nach dem Betreibungsverfahren reicht P eine Klage vor Gericht ein und fordert jetzt total 18'242 Franken sowie die Mietkaution von 6750 Franken.
Kein Ende in Sicht
Markus Kobel versucht, den Fall mit P zu klären. Diese antwortet Frau H. aber: «Uns liegen keine Belege vor, welche aufzeigen, dass die Unterschrift auf dem Mietvertrag eindeutig und zweifelsfrei nicht von Ihnen ist.» Daher sehe man aktuell keine Rechtsgrundlage, um auf weitere Schritte verzichten zu können. Die Betreibung sei gegen die Personen, auf welche der Mietvertrag ausgestellt wurde, eingeleitet worden. Das sei juristische korrekt.
Diese Argumente findet Markus Kobel nicht stichhaltig, er kritisiert, dass P die falsche Person einklagt. Auf Anfrage von «Kassensturz» schreibt P: «Wir haben sämtliche uns vorliegenden und bekannten Dokumente berücksichtigt. Bis heute gibt es kein Dokument, welches eine mögliche Fälschung der Unterschrift juristisch bestätigt.»
Daniela H. hofft jetzt auf ein graphologisches Gutachten, mittlerweile hat sie Strafanzeige wegen Urkundenfälschung eingereicht. Für sie ist das Ganze sehr belastend: «Es fühlt sich an, als ob man einen schweren Stein im Rucksack trägt. Und es ist kein Ziel, kein Ende in Sicht.»