Über 99 Prozent der Befragten verstehen sich selbst als Frau oder als Mann, so eines der Resultate der Umfrage der Initiative geschlechtergerechter.ch.
Dennoch ist die subjektive Wirklichkeit weit weniger binär. Mehr als ein Zehntel nimmt sich nämlich als ebenso weiblich wie männlich wahr. Graustufen würden zunehmend die Wahrung von Geschlechtlichkeit prägen, heisst es in der Studie, die durch das Forschungsinstitut Sotomo durchgeführt wurde.
Für das Selbstbild ist das Geschlecht für 55 Prozent der Menschen in der Schweiz eher oder sehr wichtig für die eigene Identität. Rund ein Viertel misst ihr bloss eine mittlere Bedeutung zu und knapp jede fünfte Person betrachtet das eigene Geschlecht für ihr Selbstbild als eher oder gar nicht wichtig.
Dies zeigt, dass für eine Mehrheit die eigene Geschlechtszugehörigkeit nach wie vor zu den zentralen Merkmalen der eigenen Persönlichkeit gehört. Die Einschätzungen zeigen aber auch, dass das eigene Frau- oder Mannsein längst nicht für alle Befragten, die sich als Frau oder Mann wahrnehmen, gleich stark im Zentrum steht.
Für rechte Männer ist das Mannsein wichtig
Spannend ist auch die Verbindung von geschlechtlicher Identität und politischer Orientierung. Für Männer, die politisch rechts stehen, ist das Mannsein gemäss den Studienergebnissen besonders wichtig. Dies trifft auf 62 Prozent von ihnen zu, für zwei Drittel der rechten Männer ist es sogar sehr wichtig. Demgegenüber identifizieren sich nur gerade 12 Prozent der linksstehenden Männer sehr stark mit ihrem Geschlecht.
Gerade umgekehrt verhält es sich dafür mit jenen, für die ihre Identität als Frau «eher wichtig» ist. Frausein ist insgesamt für linke Frauen ebenso wichtig wie für rechte. Während es rechts jedoch eher um eine eindeutig weibliche Geschlechtsidentität geht, verbinden linke Frauen damit vor allem Emanzipation und Feminismus.
Die Ergebnisse interaktiv dargestellt
Erwerbstätigkeit beeinflusst Auffassung
Bei den Männern hängt die Wahrnehmung von Männlich zudem stark mit der Erwerbstätigkeit zusammen. Männer, die Teilzeit arbeiten, nehmen sich selbst als deutlich weiblicher wahr als Vollzeit-Erwerbstätige. Dies gilt insbesondere für Teilzeitmänner, die weniger als 50 Prozent arbeiten.
Umgekehrt gibt es bei den Frauen keinerlei Zusammenhand zwischen Erwerbsbeteiligung und Weiblichkeit. Frauen mit kleinen Erwerbspensen ordnen sich im Schnitt praktisch gleich ein wie Vollzeit-erwerbstätige Frauen. Dies zeigt, dass Vollzeiterwerbstätigkeit bei Männern heute noch viel stärker mit Männlichkeit verbunden wird als das Zuhause-Bleiben bei Frauen mit Weiblichkeit.
Was ist attraktiv?
64 Prozent der Frauen finden Männer attraktiv, die auch «weibliche» Seiten haben. Dagegen finden nur 32 Prozent der Männer Frauen attraktiv, die auch «männliche» Seiten haben.
Fazit: Viele Männer haben laut der Studie ausgesprochen binäre und damit auch stereotype Vorstellungen von Geschlecht und Attraktivität. Die meisten von ihnen halten nämlich nicht nur maskuline Frauen, sondern auch feminine Männer für wenig attraktiv.
Für Frauen dagegen ist Attraktivität weit weniger Geschlechter-dichotom. So schätzt nicht nur eine grosse Mehrheit von ihnen Männer mit weiblichen Seiten, sondern die Hälfte findet auch Frauen mit männlichen Seiten attraktiv.