Informatik-Ingenieur Jörg Bieri staunte, als er die Warnmeldung an seinem HP-Tintenstrahldrucker las. Das Gerät behauptete, die eingelegte Originalpatrone sei eine Patrone aus einer früheren Generation, die sich nicht mehr für diesen Drucker eigne. Bisher hatte dieser Patronentyp perfekt mit diesem Drucker funktioniert.
Jörg Bieri recherchierte in einschlägigen Foren, ob sich die Original-Patrone nicht doch noch zum Leben erwecken lasse – vergeblich. Dann schlug er sich mit dem Support von HP herum und bekam dennoch keine verständliche Erklärung. Er fragte sich: Hat die im Mai 21 abgelaufene Garantie etwas mit der Blockierung zu tun? HP jedenfalls spricht von einem «Patronenfehler» und schickte für das 100 Franken teure Teil kostenlos Ersatz. Jörg Bieri ärgert sich trotzdem:
HP sperrt auch Originalpatronen
Im Forum eines Nachfüll-Patronen-Herstellers findet er einen Hinweis: Demnach soll ein kürzlich verbreitetes Firmware-Upgrade von HP für die Blockierung verantwortlich sein. Und wirklich: Ein Dokument auf der Support-Seite von HP belegt: Ab Januar 2021 griff HP mit der neuen Gerätesoftware derart in die Elektronik der Drucker ein, dass eine ganze Reihe von Originalpatronen mit diversen Druckermodellen nicht mehr kompatibel war, obwohl diese Patronen noch eine laufende Garantie hatten.
Dabei hatte Jörg Bieri genau das gemacht, was ihm HP empfohlen hatte: Das online verfügbare Upgrade installiert. Er ärgert sich gleich nochmals: «Ich vertraue HP und denke, dass ein Firmware-Upgrade eine vernünftige Sache ist. Ich will aber nicht, dass HP hintenrum dann etwas aufschaltet, das mich als Kunde dann blockiert.»
Diese Art des Vorgehens ist Fredy Gass vom Tinten-Nachfüllservice Thinkshop bekannt. Er kennt den harten Kampf der Druckerhersteller gegen Drittanbieter von Patronen genau. Die Hersteller versuchen seit Jahren, sich im lukrativen Patronenmarkt mit Tricks und Kniffs die Konkurrenz vom Hals zu halten. So versuchen sie mit immer raffinierteren Mitteln, dass ihre Drucker möglichst nur noch mit originalen Patronen zusammenarbeiten – per Gerätesoftware, welche andersartige Patronen blockiert. Der technische Fortschritt und die ständige Internet-Verbindung haben dies möglich gemacht. Dadurch sei den Herstellern praktisch keine Limite gesetzt, sagt Fredi Gass: «So können die Hersteloler auch bestimmen, dass der Drucker nach einem gewissen Datum nicht mehr druckt. Es ist eigentlich alles möglich.»
HP ersetzt «veraltete» Patronen nach Einzelfallprüfung
Auf Anfrage von «Kassensturz» hält HP fest, es gebe keinerlei Sperren für Patronen, wenn sie einen originalen HP-Chip beinhalten, und ergänzt: «Die Patronen-Serie wurde 2018 aktualisiert, um die Kompatibilität mit neuen Druckermodellen sicherzustellen. In Einzelfällen ist es möglich, dass (...) Druckermodelle Patronen der älteren Serie seit 2021 nicht mehr akzeptieren.» Auf nochmalige Nachfrage, ob nun alle blockierten Patronen von HP gegen neue ausgetauscht werden, schreibt HP: «Der HP-Support nimmt immer Einzelfallbeurteilungen vor. Im Fall der HP 913A und 972-976A/X/Y Patronen-Serie ersetzt HP jedoch die Patronen», auch nach Ablauf des Garantiedatums.»
Jörg Bieris Problem: Er hat noch mehrere ältere Ersatzpatronen. Auch die funktionieren nicht mehr. Er setzt nun darauf, dass ihm HP auch diese auch wirklich anstandslos ersetzt.