Die Alp steht gemeinhin für die traditionelle Schweiz: Auf den ersten Blick scheint hier alles noch so zu sein wie vor 200 Jahren. Doch schaut man genau hin, wird klar, dass die Älplerinnen und Älpler sehr wohl mit der Zeit gehen.
Lamas hüten Schafe
Traditionellerweise werden Schafherden in der Schweiz von Hirtenhunden bewacht. Doch das kann gerade in touristischen Gebieten zu Problemen führen: In den vergangenen Jahren ist es laut der Fachstelle Herdenschutz immer wieder zu Angriffen auf Wanderer und Bikerinnen gekommen. Einige Alpwirtschaften setzen darum auf andere Tiere, zum Beispiel auf Lamas. Diese sehen die Touristinnen und Touristen nicht als Bedrohung und greifen sie deshalb nicht an.
Auch vor der berühmt-berüchtigten Spuckattacke muss man keine Angst haben: «Lamas spucken in der Regel keine Menschen an», sagt Max Müller, der seine Schafherde auf der Schafalp Wannelen im Kanton Uri seit 6 Jahren mit zwei Lamas schützt. Wenn ein Wolf oder ein anderes Raubtier auftaucht, sieht es anders aus: Dann verteidigen sie die Herde durchaus mit Spucken, Beissen, Ausschlagen, Schreien und Wegdrücken.
Lamas spucken in der Regel keine Menschen an.
Was den Lamas beim Schutz der Herde auch zugutekommt: ihre Neugier. «Taucht beispielsweise ein Wolf auf, flüchten die Lamas nicht, sondern nähern sich neugierig. Das irritiert den Wolf: Er ist sich gewohnt, dass die Tiere vor ihm flüchten», sagt Max Müller, der mit seinen Lamas Walo und Negro bisher gute Erfahrungen gemacht hat. Gegenüber Hunden haben Lamas einen weiteren Vorteil: Wie die Schafe fressen sie auch Gras und brauchen deshalb kein Zusatzfutter: «So muss ich nicht dauernd Futter auf die Alp schleppen.»
Yoga auf der Alp
Tierhaltung und Käsen – das sind die Kernaufgaben der Sennerinnen und Sennen. Doch immer häufiger werden die Alpen auch touristisch genutzt: Es entstehen Restaurants, Unterkünfte und Angebote für Aktivitäten. Gino Bongulielmi von der Alp San Romerio im Puschlav ist diesen Weg gegangen.
Wie einst seine Vorfahren – die Alp im Kanton Graubünden ist seit 1829 im Besitz der Familie – hat er mit Tierhaltung und Käsen begonnen. Als die Hygienevorschriften für das Käsen strenger wurden, hat er die Alp auf Tourismus umgestellt: «Seither bin ich nur am Bauen», sagt Gino Bongulielmi. Die Arbeit sei anstrengend, aber mache ihn gleichzeitig sehr glücklich. Er findet es schön, dass er San Romerio zu einem beliebten Ausflugsziel machen konnte: «Ich möchte diesen Kraftort mit den Menschen teilen.»
Hier auf der Alp ist man näher bei der Natur.
Neben einem Restaurant und einem Hotel hat der umtriebige Älpler eine Yoga-Plattform gebaut. Hier gibt Tiziana Dionisio, eine Yoga-Lehrerin aus dem Tal, Yoga-Kurse. Für sie ist es speziell, hier oben zu unterrichten: «Hier ist man näher bei der Natur.» Es sei perfekt, man habe alles, was man brauche.
Gino Bongulielmi ist derweil schon wieder an einem neuen Projekt: Er baut ein Sternenzimmer, wo man unter freiem Himmel schlafen kann.
Die mobile Käserei
Das Käsen auf der Alp ist eine grosse Herausforderung – gerade aus hygienischen Gründen. Wenn keine entsprechende Einrichtung vorhanden ist, muss die Milch ins Tal transportiert und als Industriemilch verkauft oder im schlimmsten Fall weggeschüttet werden. Dem wollte die Schweizer Firma Monalp entgegenwirken. Sie erfanden die mobile Käserei: einen komplett eingerichteten Container, in dem die hochwertige Alpmilch verarbeitet werden kann.
Mit dem Lastwagen oder Helikopter kann die mobile Käserei an einen beliebigen Ort transportiert werden: «Du kannst mich mit dem Container irgendwo hinfahren, wo es Strom und Wasser hat, und ich kann käsen», sagt die Sennerin Sarah Gross, die eine der insgesamt zwei mobilen Käsereien nutzt. Im Sommer steht der Container auf der Alp Nünenen im Berner Gantrisch-Gebiet, wo Sarah Gross als Sennerin arbeitet. Und im Winter in Heitenried im Kanton Freiburg – dort produziert sie Glacés.
Du kannst mich mit dem Container irgendwo hinfahren, wo es Strom und Wasser hat, und ich kann käsen.
Für Sarah Gross ist das eine ideale Lösung: Monalp kauft ihr den Alpkäse zu einem fixen Preis ab und vertreibt ihn dann weiter. Sarah Gross schwärmt: «Zum Käsen gibt es für mich keinen schöneren Ort als die Alp.»