- Im Alter von 85 Jahren ist der auf Trinidad geborene Literatur-Nobelpreisträger V.S. Naipaul in London gestorben.
- Zu Naipauls Auszeichnungen gehören der Literatur-Nobelpreis und der Ritterschlag durch die englische Königin.
- Seit seinem Buch «Eine Islamische Reise» galt der Autor mit indischen Wurzeln zumindest als islamkritischer Zeitgenosse.
«Er war ein Riese in allem, was er erreicht hat, und er starb im Kreis seiner geliebten Menschen, nachdem er ein Leben voll wunderbarer Kreativität und Streben gelebt hatte», heisst es in einer Erklärung seiner Witwe Nadira.
Nobelpreis-Verleihung 2001
Der ursprünglich aus dem Inselstaat Trinidad und Tobago stammende Autor mit indischen Vorfahren war im Jahr 2001 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden. Zu seinen Werken zählen neben Erzählungen eine Reihe von Romanen, unter anderem «Ein Haus für Mr. Biswas», in dem Vidiadhar Surajprasad Naipaul, wie sein vollständiger Name lautet, das Leben auf Trinidad und seine Kindheit beschreibt.
Nach einigen Jahren als Journalist für britische Medien begann Naipaul damit, Romane zu schreiben. Die ersten Werke spielten noch auf Trinidad. Später erkundete er Afrika, Asien und Lateinamerika und verarbeitete seine Eindrücke in Romanen, Reportagen und Essays.
Islamkritiker und schreibender Ritter
In «Land der Finsternis» (1964, dt. 1997) analysierte er kritisch die Verhältnisse in Indien. In «Eine Islamische Reise» (1981, dt. 1982) wurde er zum Islamkritiker. Der Roman «An der Biegung des grossen Flusses» (1979, dt. 1980) beschrieb Chaos und Gewaltherrschaft in den unabhängig gewordenen Staaten Afrikas.
Naipauls Stärken waren seine schnörkellose Sprache, sein Recherchefleiss und seine Fähigkeit, genau zu beobachten. Er wurde von Königin Elizabeth II. im Jahr 1989 zum Ritter geschlagen.
Vorwurf der Arroganz
Kritiker warfen V. S. Naipaul nicht nur Arroganz und Ruppigkeit vor. Er betrachte die Welt vor allem aus dem Blickwinkel der Kolonialherren, hiess es bisweilen. In der 2008 erschienenen autorisierten Biografie «The world is what it is» (Die Welt ist, was sie ist) beschrieb der britische Literaturwissenschaftler Patrick French ausserdem wenig schmeichelhaft, wie der Nobelpreisträger seine erste Ehefrau und seine langjährige Geliebte über Jahrzehnte demütigte.
In seinem Spätwerk behandelte Naipaul in Romanen wie «Ein halbes Leben» (2001, dt. 2003) oder «Magische Saat» (2004, dt. 2005) wieder die Frage von Identität und Heimatlosigkeit.
Der weltberühmte Schriftsteller hinterlässt seine zweite Frau Nadira und eine Tochter.