Dem australischen «Teddybären» geht es miserabel. Der Koala, der kein Bär ist, sondern ein Beuteltier – wie das Känguru –, leidet nicht nur unter der Verdrängung aus seinen traditionellen Lebensräumen in den Wäldern der Ostküste. Die Folgen der globalen Erhitzung, auch die zunehmende Gefahr katastrophaler Buschfeuer, sowie die sexuell übertragene Krankheit Clamydia haben die Koala-Population in den letzten Jahren drastisch reduziert.
Jetzt will die nationale Regierung das Überleben dieser bekannten Tierart sichern, indem sie den Koala in den Bundesstaaten Queensland, New South Wales und im australischen Hauptstadtterritorium um Canberra als «gefährdet» einstuft. Laut Umweltministerin Sussan Ley soll die Aufstufung der Gefährdung den Tieren beim Schutz eine höhere Priorität einräumen.
Laut Schätzung des staatlichen Forschungsinstitutes CSIRO lebten noch etwa 180'000 Koalas entlang der australischen Ostküste, so die Politikerin. Gegenüber dem australischen Radio erklärte Ley am Freitag, die Regierung habe keine Ziele für eine Erhöhung der Koala-Population festgelegt. Dagegen wolle sie im Vorfeld zukünftiger Naturkatastrophen «widerstandsfähige» Populationen aufbauen.
180'000 Koalas sind «Unsinn»
Umweltorganisationen, die seit Jahren vor dem Aussterben von Koalas warnen, begrüssten den Schritt am Freitag zwar als «notwendig», äusserten aber auch Kritik. Eine Sprecherin der Koala Foundation bezeichnete die von Ley genannte Zahl von 180'000 als «Unsinn». Landesweit werde die Population wilder Koalas noch auf 50'000 bis 80'000 geschätzt.
Die Diskrepanz zwischen den Zahlen illustriert die unterschiedlichen Ansichten zwischen der konservativen Regierung von Premierminister Scott Morrison und Umweltorganisationen über Ausmass und Notwendigkeit für Schutzmassnahmen. Im vergangenen Jahr kam eine Studie des Bundesstaates New South Wales zum Schluss, dass Koalas schon 2050 ausgestorben sein könnten, wenn die Vernichtung ihrer Lebensräume im bisherigen Mass weiter gehe.
Klimawandel und seine Folgen gehören zu den Hauptgründen für die Reduktion der Koala-Populationen. Während der katastrophalen Feuer zur Jahreswende 2019/2020 kamen mindestens 5000 Koalas in den Flammen um. Hunderte weitere verhungerten später, weil sie in der ausgebrannten Landschaft keine Nahrung mehr fanden. Eine mindestens so grosse Bedrohung ist die Verdrängung durch den Menschen: Rodungen tragen massgeblich zur Zerstörung von Koala-Habitat bei, wenn Wälder neue Wohnsiedlungen, Strassen und Minen weichen müssen.
Weitere Abholzung in den Koala-Lebensräumen
Der Sprecher des WWF in Australien, Stuart Blanch, mahnte deshalb am Freitag, die Aufwertung des Gefährdungsstatus‘ werde das drohende Aussterben dieser Tiere nicht aufhalten, «ausser es gibt zusätzlich strengere Gesetze für Landbesitzer, um Waldgebiete zu schützen».
Das Umweltministerium, derzeit geführt von Sussan Ley, hat laut der Australian Conservation Foundation in den letzten zehn Jahren die Abholzung von über 25'000 Hektar Koala-Lebensräumen bewilligt.