Im Kampf gegen Ebola oder Sars hat Microsoft-Gründer Bill Gates mit dem Wellcome-Trust eine millionenschwere Allianz gebildet. Sie heisst Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI). Die bisher beteiligten Geldgeber Norwegen, Deutschland, Japan sowie die «Bill & Melinda Gates Stiftung» stellen 460 Millionen Dollar zur Verfügung Beteiligt ist auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Fragen an Marcel Tanner, den früheren Leiter des Tropenistituts Basel.
SRF News: Wie wichtig ist diese heute am WEF in Davos vorgestellte Initiative?
Marcel Tanner: Sie ist sehr bedeutend. Denn sie ruft in Erinnerung, dass wir auf weitere Fälle vorbereitet sein müssen. Krankheiten wie Ebola können wieder aufflackern, ebenso anderen Krankheiten, die wir vielleicht noch gar nicht kennen.
Warum wurde nicht schon längst mehr in dieser Richtung getan?
Ebola konnte über längere Zeit mit Massnahmen wie Quarantäne und Desinfektion in die Schranken gewiesen werden. Dann nahm die Epidemie durch das grosse Bevölkerungswachstum und die Bevölkerungsbewegungen in Westafrika enorme Formen an. Deshalb braucht es neue Bekämpfungsmöglichkeiten. Auch lagen die Prioritäten damals noch anders. Auch heute gibt es weiterhin keinen Impfstoff gegen Aids oder die multi-drogenresistente Tuberkulose.
Damals hätte niemand in Ebola investiert, denn es gab andere, viel wichtigere Prioritäten.
Halten sich die Pharmafirmen zurück, weil das Geschäft zu wenig lukrativ ist?
Nein, das glaube ich nicht. Es ist vielmehr eine Frage der Prioritäten. Die Pharmafirmen engagieren sich auf vielen Ebenen. Ebola und andere seltene Krankheiten mit wenig bekannter Dynamik stehen im Schatten der grossen Probleme von Malaria, Tuberkulose und Aids. Die Initaitive wird die Pharmafirmen jetzt ins Boot holen. Die letzten Jahrzehnte zeigen, dass Erfolge nur bei optimaler Kooperation zwischen öffentlichem und privaten Sektor zu haben sind.
Wie weit reichen 460 Millionen Dollar?
Es reicht für den Anfang, vielleicht für die Entwicklung eines Impfstoffs. Es braucht aber jetzt auch Investitionen in die Überwachung, um neue Krankheiten frühzeitig zu erkennen und um rechtzeitig mit Impfstoff bereit zu sein.
War Ebola der Weckruf für umfangreichere Massnahmen?
Ebola zeigt vor allem, dass die Überwachung in den betroffenen Ländern verstärkt werden muss. Ansonsten schreiten Krankheiten zu weit fort, bis Impfstoffe gefunden sind. Die Entwicklung von Medikamenten muss Hand in Hand gehen mit der Stärkung der Gesundheitssysteme.
Man darf nicht vergessen, dass während der Ebola-Epidemie Hunderttausende von Menschen zusätzlich an Malaria und Atemwegserkrankungen gestorben sind. Mütter verloren ihre Kinder, weil die Gesundheitssysteme nicht mehr funktionierten. Diese Dimension ist also noch viel gewaltiger als die 11‘000 Ebola-Toten.
Während der Ebola-Epidemie starben Hunderttausende zusätzlich an Malaria und Atemwegserkrankungen. Mütter verloren Kinder, weil die Spitäler nicht mehr funktionierten.
Müsste nicht die WHO die Führung übernehmen?
Die WHO sagt klar, dass sie solche Initiativen unterstützen will. Sie kann die Anliegen in die jeweiligen Länder tragen, hat aber nicht die Mittel, um die Entwicklung voranzutreiben. Man hat jetzt ein ganzes Jahr lang darüber diskutiert, was wir aus Ebola gelernt haben. Jetzt muss etwas passieren. Es ist wichtig, ein Zeichen zu setzen, sonst schlafen wir wieder ein – bis zur nächsten Epidemie.
Jetzt muss etwas passieren, sonst schlafen wir wieder ein – bis zur nächsten Epidemie