Einst lebten 20 Millionen Elefanten in Afrika. Jetzt sind es noch knapp eine halbe Million. Elefanten werden bis heute wegen des Elfenbeins und des Fleisches gewildert. Dies ist vor allem in Zentralafrika der Fall, wo verschiedene Kriegsbanden mit dem Elfenbein ihre Waffen finanzieren.
Bis heute werden in Afrika mehr Elefanten getötet als geboren, das heisst: die Elefantenbevölkerung nimmt ab. Dennoch gelten Elefanten in Afrika nicht mehr als eine gefährdete Tierart, sondern als eine verletzliche. Vor allem im südlichen Afrika gibt es nicht zu wenig Elefanten, sondern eher zu viele – eine Tatsache, die aus europäischer Perspektive oft unverständlich ist.
Elefanten sind ständig in Bewegung. Im Unterschied zu anderen wilden Tieren sind sie nicht territorial. Sie haben zwar ihre Hausgebiete, doch erstrecken sich diese über viele Kilometer.
Damit sie sich frei bewegen können, wurde für sie ein Park über mehrere Länder hinweg geschaffen. Er umfasst Gebiete in Botswana, Namibia, Sambia, Angola und Simbabwe.
Elefanten sind zerstörerisch
Doch weil Botswana im Unterschied zu diesen Nachbarländern die Jagd auf Elefanten verboten hat und sich auch die Wilderei hier in Grenzen hält, bewegen sich die Dickhäuter auf ihren jahrhundertalten Korridoren heute nur noch in eine Richtung: in Richtung Botswana.
Die vielen Elefanten in Botswana ziehen Touristen aus der ganzen Welt an. Das Geschäft boomt. Der Chobe-Fluss, die Lebensader im Park, ist spät nachmittags voll von Booten verschiedener Grösse. Sie bringen die Touristen so nah an Elefanten heran, wie das auf dem Landweg nicht möglich ist. Während man in anderen Pärken oft keine Elefanten sieht, eben weil sie ständig woanders sind, ist hier die Sichtung eines Elefanten garantiert.
Es ist pure Magie, Elefanten gleich neben dem Boot herumtollen zu sehen. Sie sind so herzig, die Dickhäuter, man möchte am liebsten auch ins Wasser springen. Doch so etwas müssen die meisten Touristen vergessen: Elefanten sind sehr zerstörerisch.
Was im Weg steht, wird niedergetrampelt, entwurzelt oder ausgerissen. Darum steht beispielsweise in Südafrika immer wieder zur Diskussion, wie viele Elefanten pro Jahr getötet werden müssen, damit ihre Zahl in den dort eingezäunten Pärken nicht die Kapazität ihrer natürlichen Umgebung sprengt.
40 Prozent von Botswanas Fläche gehören den wilden Tieren und um diese 40 Prozent zieht sich kein Zaun. Der Übergang zwischen den Pärken und dem Landwirtschaftsland ist fliessend. Einzig die Strassenschilder deuten darauf hin, dass hinter der nächsten Kurve allenfalls ein Dickhäuter auf der Strasse stehen könnte. Denn diese halten sich längst nicht mehr nur im Park auf, sondern auch in den angrenzenden Gebieten. Vor allem dort, wo diese Gebiete zwischen dem Park und der Hauptwasserquelle, dem Chobe-Fluss, zu liegen kommen.
Ein gewisser Teil der Bevölkerung von Botswana hat schon immer mit Elefanten gelebt, doch die Häufigkeit der Begegnungen hielt sich in Grenzen. Heute tauchen die Dickhäuter fast täglich in der Nähe gewisser Wohngebiete rund um die Pärke auf. Das mag pittoresk erscheinen, doch wer zu Fuss unterwegs ist und unfreiwillig Elefanten überrascht, kann durchaus niedergetrampelt werden. Nach Einbruch der Dunkelheit bleiben deshalb viele Menschen im Haupttourismusort Kasane in ihren Häusern.
Die Bauern, die ihre Ernten vor Elefanten schützen müssen, machen das Gegenteil. Sie wachen während der Nacht in Blechhütten über ihre Maisfelder und wenn sich Elefanten nähern, schiessen sie in die Luft oder machen Lärm. Warnschüsse, so sagen die Bauern, seien am wirksamsten. Ab und zu wird auch ein Elefant erschossen. Das ist gesetzlich erlaubt, wenn dieser den Privatbesitz angegriffen hat.
Die Konflikte zwischen Elefanten und der lokalen Bevölkerung haben sich verschärft. Die Organisation «Elefanten ohne Grenzen» sucht nach Möglichkeiten, wie Elefanten und Bauern zusammenleben können. Tempe Adams besucht die Bauern entlang des Parks mehrmals pro Woche, hört sich ihre Klagen an und unterstützt die Finanzierung von solarbetriebenen elektrischen Zäunen oder Lichtern, die nach Sonnenuntergang in sechs verschiedenen Farben blinken und bis anhin recht erfolgreich in der Abschreckung von Elefanten sind.
Wären Abschüsse blosse Kosmetik?
Gerade weil sich Elefanten und Menschen immer häufiger ins Gehege kommen, hat eine spezielle parlamentarische Kommission die Aufhebung des existierenden Jagdverbots vorgeschlagen. Ihr Argument: Dürften Elefanten in bestimmten Gebieten ausserhalb der Pärke gejagt werden, würde das diese verscheuchen.
Frans van Westhuizen ist der Präsident der Kommission. Er ist überzeugt, dass die intelligenten Tiere die Botschaft verstehen und sich aus diesen Gebieten zurückziehen würden. Das ist durchaus keine abwegige Theorie, sondern hat sich in der Vergangenheit bestätigt. Elefanten kommunizieren über grosse Distanzen und vergessen nicht, wo Verwandte oder Kollegen getötet worden sind.
Doch im Falle von Botswana, so gewisse Experten, gibt es ganz einfach zu viele Elefanten. Denn auch wenn das Jagdverbot aufgehoben wird, so dürfen wahrscheinlich nicht mehr als 400 Elefanten pro Jahr erschossen werden. Angesichts von 130’000 ist das eine verschwindend kleine Zahl. Noch wichtiger als die Abschreckung ist das Argument der zusätzlichen Einnahmequelle.
Profit den Bauern statt den Ausländern
Ein Trophäenelefant bringt bis zu 50’000 Franken ein – eine Summe, die vor allem ausländische Safariunternehmer einnehmen. Doch ein Teil geht traditionellerweise auch an die lokale Bevölkerung. Durch die Aufhebung des Jagdverbots, so erhoffen sich die Befürworter, muss diese nicht nur ihre Felder gegen Elefanten schützen, sondern kann von den Dickhäutern auch profitieren.
Das letzte Wort in der erhitzten Debatte ist noch nicht gesprochen. Eines ist unbestritten: Botswana hat nicht genügend Platz für all die Elefanten. Die grösste Aufgabe besteht darum darin, die Elefanten zu bewegen, sich ausgewogener über den ganzen transnationalen Park zu verteilen. Es ist allerdings noch unklar, wie sich dies zustande bringen lässt.
Die 130’000 Elefanten sind aus Tierschutzperspektive eine wunderbare Tatsache und geben in Afrika Anlass zur Hoffnung. Damit das so bleibt, müssen die am transnationalen Park beteiligten Länder gemeinsam mit Botswana eine Lösung suchen. Genau dies ist das Ziel eines regionalen Treffens, das dieser Tage in Botswana beginnt.