Marc B. war fünf Jahre lang ein zufriedener Kunde der Krankenkasse Steffisburg, bis er im letzten Jahr die Zusatzversicherung seiner fünfköpfigen Familie kündigte. Nach seiner Kündigung Mitte Jahr bezahlte er während sechs Monaten die vollen Prämien fristgerecht bis Vertragsende. Doch seine Behandlungskosten aus der medizinischen Massage, die während Vertragslaufzeit angefallen sind, wollte die Krankenkasse Steffisburg nicht mehr übernehmen, trotz laufendem Vertrag.
Die Leistungen aus der Alternativmedizin von knapp 1500 Franken wies die Krankenkasse Steffisburg zurück mit der Begründung: «Keine Leistungen aus der Zusatzversicherung in gekündigtem Verhältnis aus der Alternativmedizin». Marc B. bezahlte also Prämien für Leistungen, die er aufgrund der Kündigung nicht mehr in Anspruch nehmen durfte.
Geschäftsfremde Vertragsklausel
Leistungskürzungen bei laufendem Vertrag – das gehört bei der Krankenkasse Steffisburg zum Geschäftsmodell. Werbung macht die kleine Krankenkasse mit knapp 7000 Versicherten damit jedoch nicht. Einzig eine versteckte Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbestimmungen der Zusatzversicherungen weist darauf hin. Darin ist festgehalten: «An komplementärmedizinische Behandlungen, Vorsorge, Prävention, Check-up und Gesundheitsförderung werden nur Leistungen im ungekündigten Vertragsverhältnis erbracht.»
Auf Anfrage begründet die Krankenkasse Steffisburg dieses Vorgehen wie folgt: «Der Nutzen der präventiven Behandlung zeigt sich in der Zukunft und bei einer Kündigungsfrist von drei Monaten somit in der Zeit nach Ende des Versicherungsverhältnisses».
Krankenkasse verstösst gegen das Gesetz
Laut Einschätzung von Stephan Fuhrer, Professor für Privatversicherungsrecht an der Universität Basel, verstösst die Krankenkasse Steffisburg damit gegen das Gesetz. Die Zusatzversicherung unterliege dem Versicherungsvertragsgesetz, welches unter anderem besagt, dass Prämien nur für Leistungen bezahlt werden müssen, welche von der Versicherung auch gedeckt seien.
Zudem sei diese Klausel geschäftsfremd und unüblich. Dies hat auch eine Umfrage bei den sechs grössten Krankenkassen in der Schweiz gezeigt. Sämtliche Leistungen sind bei ihnen bis Vertragsende gedeckt, egal zu welchem Zeitpunkt die Zusatzversicherung gekündigt wird.
Die Krankenkasse Steffisburg teilt «Kassensturz» mit, man werde «im Zuge der regelmässigen Überprüfung der Servicequalität sowie Produkte und Tarife die Klausel aus den AVB entfernen». Ab dem 01.01.2022 werden somit während der Kündigungsfrist keine Leistungen mehr gekürzt.
Marc B. und seiner Familie nützt das allerdings wenig. Die Krankenkasse Steffisburg bleibt dabei: Die Klausel gilt erst ab dem nächsten Jahr.