Wenn auf dem Markusplatz in Venedig auf einmal die Sonne verschwindet, dann ist daran nicht immer eine Wolke schuld. Oft ist es eines dieser kolossalen Kreuzfahrtschiffe, das sich nur wenige hundert Meter vom Dogenpalast entfernt in die Szenerie schiebt und alles verdunkelt.
Auch wenn sich diese Riesenschiffe nur ganz langsam fortbewegen, bringen sie das Wasser nah an den historischen und fragilen Mauern doch ganz gehörig in Wallung.
Touristiker befürchten Einbussen
Deshalb zogen Umweltschützer schon vor Jahren die Alarmglocke und forderten, die Vergnügungsdampfer aus der Lagune zu verbannen. Die Touristen sollen doch bitte schön in Triest oder Chioggia an Land kommen und mit dem Zug oder Bus nach Venedig weiterreisen.
Doch all jene, die in Venedig vom Tourismus leben – und das sind fast alle – wehrten sich mit Händen und Füssen: Wer die Schiffe verbanne, schädige den Tourismus, hiess es allenthalben. Die Fronten waren verhärtet, während der Untergrund der Stadt weiter bröckelte.
Ein neuer Hafen wird gebaut
Dann trat sogar die Unesco auf den Plan. Die UNO-Kulturorganisation drohte, der Stadt das Label als Weltkulturerbe zu entziehen. Offenbar war das der Weckruf.
Zwar werden die riesigen Kreuzfahrtschiffe nicht wie von Umweltschützern gefordert ganz aus der Lagune verbannt. Immerhin aber fahren sie künftig neu an Venedig vorbei und werden Porto Marghera nahe Mestre ansteuern.
Die Touristen müssen dann im Bus oder Zug in die Lagunenstadt weiterreisen. Es ist dies ein Kompromiss, der längst nicht alle zufriedenstellt. Denn die Kreuzfahrtschiffe werden, so sagen die Kritiker, das Ökosystem der Lagune weiter gefährden.
Zudem kommen in Porto Marghera auch Güterschiffe an, was zu Staus und Wartezeiten in und vor der Lagune führen könnte.
Venedig hat viele Probleme
Dabei sind die Kreuzfahrtkolosse nur eines der riesigen Probleme Venedigs. So verdrängt die Touristenflut zunehmend die Einheimischen: Während man 1950 noch 175'000 Venezianer zählte, leben heute gerade noch 50'000 von ihnen in der Lagune. Bed and Breakfast und «Zweitwohnungssucht» vertreiben jährlich weitere.
Lebensmittelläden gibt es in der Stadt fast keine mehr. Auch Handwerker wie Klempner oder Schreiner sind kaum mehr aufzutreiben. Zugleich steigt der Meeresspiegel. Und der Flutwellenschutz mit dem sinnigen Namen «Mose» steckt im Treibsand von Korruption und Vetternwirtschaft.