Das war das Problem: Eine direkte Funkverbindung zur Hinterseite des Mondes herzustellen ist nicht möglich. China schickte deshalb schon letzten Mai einen speziellen Übertragungssatelliten ins All und positionierte ihn hinter dem Mond, so dass er dessen Rückseite und die Erde gleichzeitig im Blick hat. «Dank ihm können die Funksignale von der Erde quasi übers Eck auf die Rückseite des Mondes umgeleitet werden», so SRF-Wissenschaftsredaktorin Cathrin Caprez.
Das soll die Mission bringen: Die Wissenschaft erhofft sich neue Erkenntnisse über die Entstehung des Mondes. «Seit Mitte der 80er-Jahre existiert die Theorie, der Mond sei aus einem monströsen Zusammenstoss entstanden», erklärt Caprez. Forschende vermuten, dass die Erde vor einigen Milliarden Jahren mit einem anderen Planeten kollidiert sein könnte. «Dadurch sind wahrscheinlich Trümmer in die Erdumlaufbahn geschleudert worden. Und die sind dann über die Jahrtausende zu unserem heutigen Mond verklumpt.»
Doch diese Theorie wirft Fragen auf. «Eigentlich müsste bei solch einem heftigen Crash alles Wasser verdampft sein», so die Wissenschaftsredaktorin. «Dennoch hat man auf dem Mond deutliche Spuren von Wasser gefunden.» Mit an Bord der chinesischen «Chang'e 4» sind deshalb auch Analysegeräte. Diese sollen die Zusammensetzung des Mondstaubs messen – «und damit vielleicht ein paar Rätsel über die Geburt des Mondes lösen», so Caprez weiter.
Das weiss man bereits: Die Rückseite des Mondes hat eine dickere und vermutlich ältere Mantelkruste als die Vorderseite. «Von Fotos weiss man auch, dass es auf der Rückseite deutlich mehr Krater gibt. Diese wurde sehr viel mehr zerschossen von anderen Himmelskörpern als die uns zugewandte Seite», erläutert Caprez. Auch das Südpol-Aitken-Becken, der grösste Mondkrater überhaupt, befindet sich auf der Rückseite. Er ist 13 Kilometer tief und hat etwa 2500 Kilometer Durchmesser. «Nahe dieses riesigen Kraters hat der chinesische Lander nun anscheinend auch sanft und kontrolliert aufgesetzt», so Caprez.
Ein Vorteil davon, dass «Chang'e 4» auf der erdabgewandten Seite Messungen machen kann, ist, dass er sich im Funkschatten der Erde befindet. Die Geräte können nun von dort aus Messungen machen, ohne dass sie von menschengemachter Strahlung von der Erde gestört werden. «Zum Beispiel können sie Radiowellen messen, die aus sehr weit entfernten Regionen des Universums kommen können», weiss die Wissenschaftsredaktorin. «Das könnte Aufschlüsse geben über Entstehung und Entwicklung des Weltalls.»
So soll es weitergehen: China plant, auf der Rückseite des Erdtrabanten eine Mondstation einzurichten. Konkretes dazu ist noch kaum bekannt. Vorher gebe es auch noch verschiedene Herausforderungen zu bewältigen, sagt Caprez. «Der Mond besitzt keine eigene Atmosphäre und die Strahlenbelastung ist deutlich höher als bei uns auf der Erde.» Es ist ungewiss, ob Lebewesen damit überhaupt klarkommen. An Bord von «Chang'e 4» ist deshalb auch ein biologisches Experiment: Eine Kiste mit Kartoffelsamen, einem Unkraut und Seidenraupeneier. Damit soll getestet werden, ob diese Pflanzen zusammen mit Insekten auch auf der Mondoberfläche leben und gedeihen können.
Es bleiben noch einige Schritte, die es zu bewältigen gibt.
Als Nächstes will China Proben von der Mondrückseite zurück auf die Erde bringen. Erst danach sollen auch wieder Menschen auf dem Mond landen, so Caprez. «Es gibt also noch einige Schritte, die es zu bewältigen gibt.»