Beim Begriff «Coworking Places» denkt man an Grafiker, Programmiererinnen, Webdesigner, die selbständig sind und sich tagesweise einen Platz im Büro mieten – weniger an Angestellte, die in ihrer Firma einen fixen Arbeitsplatz haben.
Das könnte sich schon bald ändern. Einerseits haben viele Firmen dank dem Corona-Homeoffice-Experiment gelernt, dass ihre Mitarbeiter nicht zwingend im Büro arbeiten müssen. Andererseits fühlen sich viele Angestellte bei der Arbeit zu Hause nicht wohl, möchten aber trotzdem nicht mehr jeden Tag pendeln. Die Lösung: regionale Coworking Places, die in höchstens einer Viertelstunde Fahrzeit erreichbar sind.
Mitarbeitern Vertrauen schenken
Die Genossenschaft Village Office will möglichst viele solcher Arbeitsplätze einrichten. Mitgründerin Jenny Schäpper sieht in regionalen Coworking Places die Vorteile des Homeoffice – ohne dessen Nachteile wie unergonomisches Arbeiten am Küchentisch, schlechte Internetleitung oder dauernde Ablenkung durch die Kinder.
Viele Arbeitgeber hätten bis vor Kurzem zwar immer noch eine «Pflichtpräsenzkultur» – aus Gewohnheit und weil das Vertrauen in die Mitarbeiter gefehlt habe. Das ändere sich jetzt, auch wegen Corona. «Wenn jeder die Option hat, einen oder mehrere Tage in einem regionalen Coworking Place zu arbeiten, ist das ein Gewinn für alle», sagt Jenny Schäpper:
- Für das lokale Gewerbe, weil mehr Geld vor Ort ausgegeben wird.
- Für die Umwelt, weil die Mobilität abnimmt.
- Für die einzelne Mitarbeiterin, weil ihnen ohne Pendeln mehr Freizeit bleibt.
- Für die Firmen, weil durch da entgegengebrachte Vertrauen die Loyalität der Mitarbeiter zunimmt.
Bundesamt für Informatik als Pionier
Schäpper ist überzeugt, dass Firmen schon bald nicht mehr darum herumkämen, flexiblere Arbeitsmodelle anzubieten. Weil in den nächsten Jahren viele Fachkräfte in Pension gehen, müssen sie diese ersetzen – und das gehe nur mit Menschen aus der jungen Generation, die Flexibilität einforderten.
Das Bundesamt für Informatik hat die Zeichen der Zeit erkannt. Seit letztem Jahr können mehr als 1000 Mitarbeiter dort arbeiten, wo sie wollen – zum Beispiel in einem Coworking Space. Bei einer Stellenbesetzung vergrössert sich so das Einzugsgebiet möglicher Kandidaten enorm, weil auch jemand vom Engadin aus arbeiten kann und vielleicht nur zwei, dreimal pro Monat nach Bern in die Firmenzentrale fahren muss.
Arbeiten in der ehemaligen Poststelle
Damit in Zukunft möglichst viele Angestellte flexibel arbeiten können, sind lokale Coworking Spaces unabdingbar. Die Genossenschaft Village Office arbeitet darum auch mit Gemeinden zusammen, die so ihre Attraktivität erhöhen und Räume wieder mit Leben füllen können, die leer stehen. Zum Beispiel eine Poststelle, die eben geschlossen wurde.
Auch Bahnhöfe könnten zu Büroarbeitsplätzen umgenutzt werden. Village Office ist deshalb eine Kooperation ausgerechnet mit jener Firma eingegangen, die zu einem schönen Teil vom Pendeln lebt: Die SBB plant, ihre regionalen Bahnhöfe mit Coworking Plätzen auszustatten.