In knapp 10 Jahren sollen in der EU alle Verpackungen und Take Away Geschirre recyclingfähig sein. Auch in der Schweiz gibt es immer mehr nachhaltigere Alternativen zu Plastik und Styropor. Gerade jetzt mitten im Take-Away-Boom kommen die Alternativen gelegen. Doch bedeutet ökologisch auch gesund?
Nein, meinen die Giftforscherin Jane Muncke und der Lebensmittelchemiker Thomas Gude. Ein Teil der Verpackung hält den Tests nicht stand.
Migration dank Fett und Hitze
Wie kommen die Stoffe aus der Verpackung überhaupt in unser Essen? Die ‹Migration› wird zum Beispiel durch Fett begünstigt: Das Fett zieht in den Karton und bindet die Stoffe. Doch noch etwas hilft besonders dabei, dass wir Verpackungsstoffe mitessen oder trinken: Hitze. Jane Muncke erklärt es am Bambusbecher: «Da wird der heisse Kaffee eingefüllt, Hitze erhöht die Migration und wenn man dann noch fetthaltige Milch reingibt, reichern sich die fettlöslichen Stoffe aus der Verpackung in geringem Mass an.»
Doch welche Stoffe können ins Essen gelangen?
Die deutsche Stiftung Warentest untersuchte einen Coffee-to-Go Bambusbecher. Das Fazit: Der Becher überschreitet Grenzwerte von Melamin und Formaldehyd. Beide Stoffe gelten als krebserregend.
Ein Stichprobentest des kantonalen Labors in Genf kommt zu einem ähnlichen Schluss beim Bambus-Geschirr: Knapp 40 Prozent überschritten Formaldehyd- oder Melamin-Werte. «Da werden die Leute für dumm verkauft», meint die Toxikologin Jane Muncke. Es handle sich genau um die Art von Chemikalien, die auch für die Umwelt problematisch seien.
Der Toxikologe und Chemiker Lothar Aicher doppelt nach: «Bambusprodukte sind sogar schlechter als Plastikprodukte, weil der Bambus macht das Geschirr poröser, die Chemikalien werden einfacher freigesetzt.»
Was in den Genfer Tests und der deutschen Studie ebenfalls herauskam: Die Bambus-Produkte waren schlecht recyclebar und enthielten Plastik. Laut dem Lebensmittelchemiker Thomas Gude wurden so die Pflanzenfasern miteinander verbunden. «Eigentlich habe ich ein Kunststoffprodukt mit angehauchtem Bambus.»
Besonders pikant: Das Schweizer Lebensmittelrecht verbietet gar den Einsatz von Bambus im Kunststoffgeschirr. Darum nehmen Migros und Coop das Bambus-Mehrweggeschirr nun wieder aus den Regalen.
Und wie sieht es mit dem weniger exotischen, plastikfreien Papier-Geschirr aus? Das Kantonale Labor St. Gallen hat letzten September Papierröhrli getestet. Bei 50 Prozent der Röhrli wurde der Richtwert für krebserregende Stoffe überschritten.
Wie gefährlich die Substanzen für uns am Ende wirklich sind, ist nicht abschliessend geklärt. Fest steht: Bei der gesundheitlichen Sicherheit des ökologischeren Einweggeschirrs gibt es noch Luft nach oben. Wer ohne Bedenken und ohne schlechtes Gewissen essen möchte, der greift am besten zu Glas- oder Edelstahlbehältern, so Toxikologe Lothar Aicher.