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Bild 1 von 5. In Budapest führt Gábor Iványi die «Fütött Utca», oder auf Deutsch die «Geheizte Strasse». In einem Land, das Obdachlose kriminalisiert, nimmt der Methodistenprediger sich ihrer an. Bis zu 400 Bedürftigen bietet er an kalten Wintertagen Obdach. Bildquelle: SRF/Urs Bruderer.
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Bild 2 von 5. Sind alle Betten besetzt, hält Iványi für die zu spät Gekommenen Schaumstoffmatten bereit. Bildquelle: Gábor Iványi.
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Bild 3 von 5. Gegessen wird im Schlafsaal, täglich gibt es Frühstück, Mittag- und Abendessen. Doch die Mittel sind knapp, besonders seit die Regierung der Institution von Gábor Iványi die Mittel gekürzt hat. Bildquelle: SRF/Urs Bruderer.
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Bild 4 von 5. Dabei übernimmt die «Geheizte Strasse» viele Aufgaben, denen der Staat nicht mehr nachkommt. Ärztin Ágnes Grzimek behandelt zusammen mit Kollegen Erfrierungen, Brüche, Gehirnschäden, Zuckerkrankheiten, Traumata und vieles mehr. Bildquelle: SRF/Urs Bruderer.
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Bild 5 von 5. Die Obdachlosen, die es in Ungarn nicht geben darf, können hier auch in Würde sterben. Ihre Namen werden in einer Vitrine vermerkt. «Sie bleiben sonst nirgendwo erhalten», sagt Gábor Iványi. Bildquelle: SRF/Urs Bruderer.
SRF News: Was ist das Besondere an Ihrer Herberge?
Gábor Iványi: Das Besondere ist, dass wir nichts Besonderes bieten: Drei Mahlzeiten, einen Schlafplatz, ein Dach über dem Kopf, medizinische Versorgung, ein bisschen Sport. Wir bieten nur das für jeden Menschen eigentlich Selbstverständliche – für die, die nicht einmal das haben.
Wer sind Ihre Gäste?
Auf den Strassen Budapests leben etwa 10‘000 Obdachlose. In kalten Winternächten finden bis zu 400 von ihnen Unterschlupf bei uns. Es sind zu 80 Prozent Männer. Wir Männer sind das schwache Geschlecht. Scheidung, Arbeitslosigkeit, Verstoss aus der Familie: all diese Schicksalsschläge werfen Männer stärker aus der Bahn.
Wie viel kostet das teuerste Zimmer?
Wir haben eine Abteilung für Obdachlose mit Arbeit. Sie bezahlen ein paar Forint für den Aufenthalt. Wenn sie wieder eine eigene Unterkunft haben und uns verlassen, geben wir ihnen das Geld zurück.
Welche Begegnung werden Sie nie mehr vergessen?
Ich kümmere mich seit Jahrzehnten um Obdachlose, da gab es so viele Begegnungen. Ich kann ihnen ja erzählen, wie auch unser Premierminister Viktor Orban einmal für einen Leiter eines Obdachlosenheims gehalten wurde. Das war vor der Wende. Er war bei mir, als eine amerikanische Delegation zu Besuch kam. Sie fragten, wo der junge Mann neben mir sich um Obdachlose kümmere. Der sei ein begabter junger Politiker, sagte ich. Und Orban war so beleidigt, dass er den Amerikanern eine Stunde lang von seinen politischen Zielen erzählte.
Was ist das Schöne an Ihrem Beruf?
Als wir dieses Haus 1990 übernahmen, war es eine Ruine mit vier obdachlosen Einwohnern: eine Frau und zwei Männer, von denen einer eine weisse Ratte hatte. Heute haben wir offiziell hundert Schlafplätze hier, eine Abteilung für Frauen, eine für Flüchtlinge und ein ausgezeichnetes Spital. Wir können mehr und besser helfen denn je, das ist schön.
Wo machen Sie Ferien?
Das Gute an meinem Leben ist, dass sich Arbeit und Freizeit so gut ergänzen. Es gibt da keine scharfe Trennung. Bin ich müde von der Arbeit, erhole ich mich in der freien Zeit. Bin ich müde von der Freizeit, arbeite ich.
Die Fragen stellte Urs Bruderer.