In den Kunstkrimi von München kommt Bewegung: Die deutschen Behörden dringen auf eine Verständigung mit dem Kunsthändlersohn Cornelius Gurlitt über die bei ihm beschlagnahmten 1400 Bilder.
Eine «einvernehmliche Lösung» sei im Interesse aller, sagte der bayerische Justizminister Winfried Bausback der «Süddeutschen Zeitung». Es gehe «um die Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für die Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus».
Die Staatsanwaltschaft in Augsburg wird in der kommenden Woche alle rund 590 Werke, die als mögliches NS-Raubgut gelten, in die Lost-Art-Datenbank stellen. Das hatte die Leiterin der Taskforce, Ingeborg Berggreen-Merkel, am Donnerstagabend angekündigt.
Bereits stellen Erben erste Ansprüche. «Reiter am Strand» zum Beispiel: nach diesem Bild sucht der Berliner Anwalt Lothar Fremy. Er tut es im Auftrag von zwei Nachfahren eines jüdischen Industriellen aus Breslau, wie die «Tagesschau» berichtet.
Erforschung auf breiter Front
Für den Schweizer Kunstrechtsexperten Andreas Ritter ist das Vorgehen der deutschen Behörden ein Fehler. Man habe es verpasst, mit Gurlitt eine einvernehmliche Lösung zu finden. «Man hat sich ganz spezifisch der Beschlagnahme gewidmet, weiter ermittelt, aber Herrn Gurlit selber total aussen vor gelassen», sagte Ritter in der «Tagesschau»
Justizminister Bausback betonte, die Herkunft der Bilder müsse «jetzt auf breiter Front mit vereinten Kräften» erforscht werden. Geklärt werden müsse, welche Bilder NS-Raubkunst seien. Wenn Eigentümern von Bildern, die in der NS-Zeit enteignet wurden, nun Verjährung entgegengehalten werde, sei das schwer erträglich, sagte Bausback und deutete die Möglichkeit einer Gesetzesänderung an.
Nicht nur Namen aus der ersten Liga
Der finanzielle Wert des Kunstfundes ist auch unklar. Versicherungsexperte und Kunsthistoriker Oliver Class vermutet, dass die Bedeutung der Sammlung überschätzt wird. «Die Namen, die jetzt veröffentlicht wurden, sind nicht nur Namen aus der ersten Liga der Künstler», betont Class in der «Tagesschau». Es seien auch Künstler, die bisher wenig bekannt waren und daher auch keinen hohen Marktwert hätten. «Man wird noch prüfen müssen, in wie weit die Wertigkeit der Sammlung wirklich so ist, wie sie sich vielleicht am Anfang dargestellt hat», so Class weiter.
In Gurlitts Münchner Wohnung waren im Februar 2012 im Zuge von Steuerermittlungen rund 1400 Bilder beschlagnahmt worden. Fast 600 davon könnten NS-Raubgut sein. Dass die Bilder bisher unter Verschluss gehalten wurden, hatte internationale Kritik ausgelöst.