Die nordkoreanischen Regierung berichtete vor einem Monat, dass mehr als 30 Prozent der Reisfelder im Land ausgedörrt seien. Sie sprach von der «schlimmsten Dürre seit 100 Jahren» und verstärkte damit die Ängste vor einer neuen Hungersnot.
Bei der letzten grossen Hungersnot in den 90er-Jahren starben Schätzungen zufolge hunderttausende Nordkoreaner. Für Thomas Fisler, Leiter des Büros der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) in Pjöngjang, ist es noch zu früh, von einer Dürre desselben Ausmasses zu sprechen. Er bestätigt aber: «Wir haben seit letztem Winter aussergewöhnlich wenig Regenfälle gehabt.»
Das merke man, wenn man aufs Land fahre. «In gewissen Gebieten sind die Reisfelder, die aktuell unter Wasser stehen müssten, relativ trocken.» Dort, wo die Felder bewässert werden könnten, sehe die Lage normal aus.
Bei Beurteilung eingeschränkt
Zuverlässige Angaben zum Gesamtzustand der nordkoreanischen Landwirtschaft kann Fisler nicht machen. Denn die Deza kann die dazu nötigen Daten nicht selbst erheben. «Das ist sehr schwierig, weil wir nicht beliebig im Land herumreisen können. Auch sonst ist der Zugang zu Informationen nicht ganz einfach.»
Momentan handelt es sich seiner Ansicht nach erst um eine «aussergewöhnliche Trockenheit». Diese sei nicht vergleichbar mit der dramatischen Lage vor 20 Jahren.
Erntezeit im Herbst abwarten
Damals hätten Dürre und Überflutungen über mehrere Jahre immer wieder die Ernten zerstört. Die jetzige Wettersituation lasse hingegen noch keine Rückschlüsse auf die diesjährige Ernte zu. «Wir hoffen auf eine normale Regenzeit, die keine grossen Fluten auslöst», erklärt der Deza-Vertreter. Denn solche könnten die Ernte noch einmal massiv negativ beeinträchtigen. «Wir müssen im September oder Oktober schauen, inwiefern Ernteausfälle vorhanden sind.»
Im Moment sei noch Essen vorhanden, «etwa im gleichen Umfang wie in früheren Jahren», schätzt Fisler. «Das Problem ist aber nicht unbedingt der Hunger, sondern die falsche oder die Mangelernährung in gewissen Teilen der Bevölkerung.»