Jetzt, wo regelmässig von Roger Federers Seegrundstück am Zürichsee die Rede ist, fragt sich der grüne St. Galler Kantonsrat Marco Fäh: Was ist eigentlich mit dem Seeuferweg, den der Kanton St. Gallen schon 2003 in den Richtplan schrieb?
Im Richtplan des Kantons St. Gallen heisst es wörtlich: «Die Erstellung eines Seeuferweges ab Gemeindegrenze Kempraten bis zur Kantonsgrenze bei Feldbach ist mittelfristig zu verwirklichen.» Der Richtplan wurde am 23. April 2002 vom St. Galler Regierungsrat verabschieden und am 15. Januar 2003 vom Bundesrat genehmigt. Umgesetzt ist bisher noch immer: nichts.
Seeuferweg ginge Federers Grundstück entlang
Wo also bleibt dieser Seeuferweg in Rapperswil, will Fäh von der St. Galler Regierung wissen. Er hat deshalb eine einfache Anfrage im St. Galler Kantonsparlament eingereicht – und erwartet bis spätestens im Herbst eine Antwort. Fäh schreibt in seiner Anfrage weiter: «Gemäss Erkundigung bei der Stadt Rapperswil-Jona wurden in dieser Zone seit 2007 mindestens sechs Baubewilligungen erteilt. Enthielten diese Baubewilligungen die Auflage betreffend die entsprechende Uferfreihaltung zur Erstellung des Uferwegs und wurden entsprechende Einträge im Grundbuchamt veranlasst? Wenn nein, weshalb nicht?»
Vom Seeuferweg wäre auch Roger Federer unmittelbar betroffen. Im Richtplan ist dieser in oranger Farbe eingezeichnet. So wird klar ersichtlich: Der Seeuferweg soll an Federers Grundstück entlang geführt werden.
Der Stadtpräsident von Rapperswil-Jona, Martin Stöckling (FDP), winkt jedoch ab: «Das ist eine Fehlinterpretation des Richtplan-Eintrages. Ein Richtplan-Eintrag ist kein Auftrag, sondern eine mögliche Vorinformation. Und soweit wir das als Stadtrat beurteilen können, fehlt jeglicher politischer Wille, dort einen Weg zu machen.»
Stöckling führt aus: «Rapperwil-Jona hat eine Uferlänge von rund 14 Kilometern. Wenn man diese genauer anschaut, sind gerade mal vier Kilometer davon wirklich bebaut. Zehn Kilometer sind nicht bebaut, der See ist dort mittelbar und unmittelbar erlebbar.» Dies sei ausreichend.
Ist der Richtplan-Eintrag also bloss eine Papierleiche, die womöglich bald aus dem Richtplan verschwinden soll? Der Stadtpräsident dazu: «Ja, man könnte es so sagen: Es ist gewissermassen eine Papierleiche.»
Kantonsrat Marco Fäh will erst mal die Antwort der St. Galler Regierung abwarten, bevor er weitere Schritte plant. Für ihn ist allerdings klar: «Von einem solchen Seeuferweg würde die Mehrheit der Bevölkerung profitieren – und man könnte es so ausgestalten, dass es auch für Roger Federer verträglich ist.» Auch am Genfersee gebe es viele solche Wege, sagt Fäh: «Und dort wohnen auch viele vermögende Leute.»
Kanton kann Stadt nicht zwingen
Der Kanton St. Gallen betont gegenüber SRF: Der Richtplan sei nach wie vor gültig. Ein Seeuferweg vor Roger Federers Grundstück sei immer noch wünschenswert. «Die Stadt Rapperswil hat jedoch einen Ermessensspielraum», erklärt Ralph Etter, Leiter des Amtes für Raumentwicklung und Geoinformation.
«Doch die Stadt muss das Projekt eines Seeuferweges zumindest eingehend prüfen – und gut begründen, falls man sich allenfalls dagegen entscheidet», so Etter. Einfach in der Schublade verschwinden lassen, könne die Stadt Rapperswil-Jona den Richtplan nicht.