- Der Untersuchungsbericht des damaligen Fifa-Chefermittlers Michael Garcia befeuert insbesondere Bestechungsvorwürfe im Zusammenhang mit der WM-Vergabe an Katar.
- Klare Beweise für den Kauf einer Endrunde scheint es jedoch weder im Bezug auf Katar noch bezüglich Russland zu geben.
- Die heutige Publikation des über zwei Jahre alten Reports erfolgt aufgrund eines Beschlusses der neuen Ethikkommission nachdem einzelne Details durchgesickert waren.
Im 430-Seiten-Dokument des US-Juristen Michael Garcia aus dem Jahr 2014 werden mehr oder weniger gravierende Verstösse praktisch aller damaligen WM-Bewerber gegen die Ethikregeln des Fussball-Weltverbandes beschrieben. Klar wird auch, dass deutlich mehr anrüchiges Material gegen Katar als gegen Russland, zusammengetragen wurde.
Lustreisen und Millionen für ein 10-jähriges Kind
So sollen drei stimmberechtigte Mitglieder des damaligen Fifa-Exekutivkomitees in einem Privatjet des katarischen Fußball-Verbandes nach Rio de Janeiro geflogen worden sein, Nobelunterkunft und Sause inklusive. Zudem landeten zwei Millionen Dollar auf dem Konto der 10-jährigen Tochter eines Exko-Mitglieds. Der Bericht stellt aber auch fest, dass es «keinen Beweis in den Protokollen» für eine Verbindung der Zahlung zur Katar-Bewerbung gebe.
Einige dieser Vorwürfe sind nicht neu und wurden von den katarischen WM-Machern immer dementiert. Dass sie auch Garcia in seinem Report festhielt, geben ihnen aber nun einen offiziellen Anstrich.
Beweise für gekaufte WM fehlen
In seiner Zusammenfassung kommt Garcia zu dem Schluss, dass vor allem Fifa-Wahlmänner sich nicht an die Regeln hielten. Einige Exekutivmitglieder hätten «persönlichen Nutzen» gesucht, um ihren Status in den Heimatländern zu verbessern. Den klaren Beweis für eine gezielte Einflussnahme auf die WM-Abstimmung zugunsten Katars konnte Garcia aber in seinen rund zwei Jahre währenden Untersuchungen offenbar nicht feststellen.
Russland konnten gar so gut wie keine gravierenden Verstösse nachgewiesen werden. Obwohl beispielsweise Geschenke und Annehmlichkeiten wie Kreml- und Ballettbesuche für Mitglieder der Fifa-Exekutive aufgeführt werden.
Selbst wenn die kompletten Kosten das übersteigen, was man gewöhnlich als nebensächliche Kosten ansehen würde, war die Übernahme der Kosten nicht per se verboten.
Allerdings waren die Computer des russischen Bewerbungskomitees zum Zeitpunkt der Untersuchung schon zerstört.
Keine gravierenden Vorhaltungen werden dem früheren FIFA-Chef Joseph Blatter gemacht. Allerdings wird notiert, dass er kurz vor der Stimmabgabe einem Bonus von 200 000 Dollar für alle – auch für zwei gesperrte Exko-Mitglieder – zustimmte.
Kehrtwende in der Fifa-Kommunikation
Obwohl der Garcia-Bericht bereits seit mehr als zwei Jahren vorliegt, hatte ihn die Fifa bisher nicht vollständig veröffentlicht. Nachdem die Deutsche Bild-Zeitung am Montag Einzelheiten daraus geleakt hatte, änderte der Verband nun seine Strategie radikal.
Präsident Gianni Infantino habe die Veröffentlichung «bereits in der Vergangenheit verschiedentlich verlangt», heisst es in der Mitteilung. Zu Sündenböcken für das lange Schweigen werden die ehemaligen Spitzen der Ethikkommission Hans-Joachim Eckert und Cornel Borbely erklärt. Eckert hatte immer persönlichkeitsrechtliche Bedenken geäussert.