Im Nordwesten der USA sind Hornissen aufgetaucht, welche den einheimischen Honigbienen gefährlich werden können. Das hat für viel Wirbel in den US-Medien gesorgt. Unberechtigterweise, sagt der Biologe Tim Haye.
SRF News: Ist dieser Wirbel um die Asiatische Riesenhornisse berechtigt?
Tim Haye: Nein, das ist etwas übertrieben worden von den US-Medien. Fakt ist, dass man letztes Jahr im September ein Nest dieser Riesenhornisse auf Vancouver Island, auf der kanadischen Seite, gefunden hat. Man hat es aber sofort zerstört. In den USA selber, im angrenzenden Gebiet im Bundesstaat Washington, hat man vier tote Exemplare gefunden. Das war bisher alles.
Wie gross ist die Gefahr, dass sich die Hornisse trotzdem ausbreitet?
Die Gefahr besteht, weil man nicht ganz ausschliessen kann, dass dieses Nest vielleicht schon Königinnen produziert hatte, die sich ausgebreitet haben, und dass es noch andere Nester irgendwo gibt. Das heisst, man achtet im Augenblick in Washington besonders darauf, ob man noch Königinnen findet, die um diese Jahreszeit wieder neue Staaten aufbauen können. Doch ich halte dieses Risiko momentan für relativ gering.
Das Insekt trägt auch den Namen Mörderhornisse. Zu Recht?
Ja, teilweise schon. Mörder bezieht sich in diesem Fall nicht auf den Menschen, wie das die Medien leider teilweise dargestellt haben, sondern auf Honigbienen, weil die Hornissen sehr viele Bienen umbringen können.
Dann müssen sich die USA jetzt Sorgen machen um ihre Honigbienen?
Ja, falls es sich doch so ergeben sollte, dass sich diese Hornisse im grossen Masse ansiedelt. Dann wären vor allem Bienenstöcke gefährdet. Das wäre ein Problem für die Imker, weil diese Hornissen Bienen sehr gerne fressen. Und im Gegensatz zu den Bienen in Asien, haben nordamerikanische Bienen keine Verteidigungsstrategie gegen diese Hornissen.
In Japan sind letztes Jahr 50 Menschen gestorben an einem Stich der asiatischen Riesenhornisse. Sind sie doch gefährlich für Menschen?
Die Gefahr muss man relativieren. Sie besteht vor allem für Allergiker. Es gibt hier ja auch viele Menschen, die auf Bienen- und Wespenstiche stark allergisch reagieren. Für diese Menschen sind Hornissen, egal ob europäische oder asiatische, immer ein Risiko. Diese 50 Fälle aus Japan waren mit Sicherheit auch Menschen, die allergisch auf die Stiche reagieren.
Es ist nicht so, dass ein gesunder Mensch von einem Stich einer asiatischen Riesenhornisse getötet werden kann.
In den USA kommen jedes Jahr etwa 40 Menschen durch den Stich von Honigbienen um. Das sind auch Menschen, die sehr stark allergisch auf diese Insektengifte reagieren. Aber es ist nicht so, dass ein gesunder Mensch von einem Stich einer asiatischen Riesenhornisse getötet werden kann.
In Europa wurden noch keine asiatische Hornisse gefunden. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich weiter ausbreitet?
Generell besteht die Gefahr, dass sie eingeschleppt wird. Es werden sehr viele Arten durch den Import von Waren aus Asien bei uns eingeschleppt, etwa Schädlinge wie die marmorierte Baumwanze und der Buchsbaumzünsler. Also besteht die Chance, dass diese Art auch irgendwann bei uns auftaucht. Denn sie ist eine Art, bei der die Königin überwintert.
Das Risiko, dass sie sich hier ansiedelt, ist nicht gross, aber es besteht durchaus.
Dass sie irgendwo in Waren versteckt bei uns ankommt, ist also durchaus möglich. Darum machen meine Kollegen momentan eine Risikoanalyse und schauen, welche Bereiche in Europa klimatisch günstig wären für die Riesenhornisse, um sich anzusiedeln. Das Risiko ist nicht gross, aber es besteht durchaus.
Das Gespräch führte Sandra Witmer.