Das Wichtigste in Kürze
- Die scheinbare Unterbrechung der Klimaerwärmung von 1998 bis 2012 hat es nicht gegeben. Zu diesem Schluss kommen ETH-Forscher.
- Wegen äusserer Faktoren wurde die Erwärmung in diesen Jahren lediglich verlangsamt, nicht aber gestoppt.
- Für den ETH-Forscher Erich Fischer ist damit klar: Der von Klimaskeptikern ins Feld geführte «Beweis», dass es den Klimawandel gar nicht gebe, ist «ein Sturm im Wasserglas».
Der kurzfristige Einfluss von Wetterphänomenen
Das Fazit der ETH-Temperaturstudie für die Jahre 1998 bis 2012: «Wenn die Effekte kurzzeitiger Temperaturschwankungen, wie El Niño, vulkanische Aerosole und Sonnenvariabilität herausgenommen werden, ist das von Menschen erzeugte Signal globaler Erwärmung nicht wesentlich zurückgegangen.» 1997/1998 sei das Klimaphänomen El Niño an der südamerikanischen Pazifikküste besonders ausgeprägt gewesen und habe zu den weltweiten Temperaturrekorden 1998 beigetragen. Dass dem nicht sofort weitere Rekorde folgten, sei deshalb vor allem mit den natürlichen Klimaschwankungen erklärbar. (dpa) |
SRF News: Die angebliche Pause bei der Klimaerwärmung zwischen 1998 und 2012 hat es also gar nicht gegeben?
Erich Fischer: Genau. Eine Pause gab es wohl nie, man kann allenfalls von einer Erwärmungsabschwächung sprechen, auch wenn diese nicht signifikant war. Die globale Temperatur hat also über einige Jahre etwas weniger rasch zugenommen als im langjährigen Durchschnitt.
Wie erklären Sie dieses neue Resultat?
Wir haben verschiedene Beobachtungsdaten für unsere Studie berücksichtigt. Dabei zeigte sich, dass der einzige Datensatz, der wirklich eine Pause über mehrere Jahre zeigt, lückenhaft ist. Der Datensatz weist grosse Messlücken der Temperaturen in Arktis und Antarktis auf, doch gerade diese Gebiete haben sich während der fraglichen Jahre besonders stark erwärmt. Wenn man das berücksichtigt, bleibt nur mehr eine Erwärmungsabschwächung, aber keine -pause übrig.
Die neuen Erkenntnisse stimmen auch mit der Annahme überein, dass der Klimawandel menschengemacht ist.
Wie konnte es passieren, dass man Arktis und Antarktis bei den Messungen kaum berücksichtigt hatte?
In der Arktis sind riesige Gebiete mit Meereis bedeckt, es ist nicht einfach, dort Messstationen aufzustellen. Weil ein flächendeckendes Messnetz fehlt, müssen wir Annahmen treffen und Satellitenmessungen hinzuziehen. Restriktive Datensätze, welche nur die Bodenmessungen berücksichtigen weisen denn auch diese Lücke auf. Wenn man die Lücken nun mittels Satellitenmessungen und statistischen Methoden füllt, dann zeigt sich, dass sich genau diese Gebiete besonders stark erwärmt haben.
Was bedeuten Ihre neuen Resultate für die Diskussion um den Klimawandel?
Man kann die Diskussion über den angeblichen Unterbruch bei der Klimaerwärmung damit als Sturm im Wasserglas bezeichnen. Am Anfang war diese Pause von Klimaskeptikern überhöht worden. Doch mit fortschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnissen – und wenn man Äpfel mit Äpfeln vergleicht statt mit Birnen – zeigt sich immer deutlicher, dass die Temperaturentwicklung auch über die Jahre von 1998 bis 2012 mit den verwendeten Klimamodellen konsistent ist. Die neuen Erkenntnisse stimmen auch mit der Annahme überein, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Ein weiterer Hinweis dafür sind die beiden rekordwarmen Jahre 2014 und 2015, welche auf die Verlangsamungsphase folgten und die einen vergleichsweise raschen Anstieg der mittleren globalen Temperatur zeigen. Damit sind auch die letzten Zweifel ausgeräumt worden.
Werden sich die Klimaskeptiker von Ihren Resultaten überzeugen lassen?
Wir hoffen, dass wir etwas gegen dieses Phänomen beitragen können. Manche Leute werden Zweifler bleiben. Dabei ist es gut und wichtig, dass es die Zweifler gibt. Schliesslich haben sie die Forschung angetrieben und uns Hinweise darauf gegeben, wo wir ansetzen müssen, um Antworten auf offene Fragen zu liefern.
Das Gespräch führte Lukas Mäder.
Seit 2014 jagt ein Wärmerekord den nächsten
Wie real der Klimawandel ist, zeigen die im letzten Winter gemessenen Temperaturrekorde in der Arktis: Auf dem Höhepunkt des Winters und der eigentlichen Gefrierperiode habe es Tage mit Temperaturen fast am Schmelzpunkt gegeben, meldete die Weltwetterorganisation im März. Ausserdem spricht der Trend der vergangenen drei Jahre eine deutliche Sprache: 2016 war das dritte Jahr in Folge, das den globalen Temperaturrekord seit Beginn der Aufzeichnungen 1880 gebrochen hat. |