Tamara Bardy vom Verband Swiss Cycling hat sich ein Ziel gesetzt. Die Marketing-Verantwortliche will im August 2018 an der TORTOUR in der Kategorie Challenge starten. Ein spezielles Rennen: Innerhalb von 24 Stunden muss die 32-jährige 550 Kilometer zurücklegen.
Um auch in den Wintermonaten am Trockenen trainieren zu können, nutzt die Rennfahrerin deshalb «Zwift». Das System hat Ähnlichkeit mit einem Autorenn-Game: Statt in einem Bürostuhl vor der Attrappe eines Steuerrades sitzt man auf seinem Velo vor einem Monitor, auf dem eine virtuelle Landschaft angezeigt wird. Und tritt davor stundenlang in die Pedale.
Der Heimtrainer der besonderen Art
Damit das möglich ist, braucht man neben einem Computer, Tablet oder Smartphone spezielle Rollen (ab 180 Franken), auf die man zu Hause sein Velo stellt. Bei der High-End-Variante montiert man das Hinterrad ab und ersetzt es durch ein spezielles Gerät (bis 1'300 Franken), das mit dem Computer verbunden ist.
Das teurere System kann nun das Terrain simulieren: Fährt man virtuell einen Hang hinauf, so muss man stärker pedalen. Begibt man sich in den Windschatten einer Mitfahrerin, wird die Belastung reduziert. Eine Fahrt auf diesem System fühle sich sehr realistisch an, meint Tamara Bardy.
Damit einem die Decke nicht auf den Kopf fällt
Um gegen die Langeweile anzukämpfen, versucht das System, für Abwechslung zu sorgen. Jeden Tag schalten sich verschiedenen neue Strecken eines Landes frei. Bei meinem Besuch im Velodrome Grenchen waren die USA an der Reihe.
Tamara Bardy entscheidet sich für eine klassische Rennstrecke in Richmond. Auf dem Monitor erscheint die Information, dass in zwei Minuten eine Gruppe von rund 20 Fahrerinnen und Fahrer starten wird, Nutzer, die sich online von irgendwo auf der Welt zugeschaltet haben.
Nicht alle Strecken sind Rennstrecken. In London etwa kann man auch eine zweistündige Rundfahrt durch das Zentrum der Metropole absolvieren, die an vielen Sehenswürdigkeiten vorbei führt.
Achtung, fertig, los!
Pünktlich setzt sich die Gruppe in Bewegung. Damit man den Anschluss nicht verliert, muss man sich anstrengen. Bereitet einem das Mühe, so kann man sich in den Windschatten der Gruppe begeben und so bis zu 70 Prozent Energie sparen.
Auf dem Bildschirm kann man die Perspektive wechseln: So sieht man sich mal von hinten, mal von der Seite oder von vorn. Während des Trainings sieht man neben der Landschaft wichtige Angaben zu Geschwindigkeit und Leistung eingeblendet. Wie im richtigen Leben auch kann man sich mit der Gruppe übers Internet unterhalten. Leider funktioniert das nur über Text-Chat und nicht mit Kopfhörer und Mikrophon.
Trotz dieser Möglichkeiten begann sich Tamara Bardy im Training jeweils zu langweilen. Sie stellte deshalb einen zweiten Monitor auf und schaut sich nun auf dem Velo Netflix-Serien an.
Geschmacksache
An Zwift scheiden sich die Velo-Geister: Für viele, darunter auch Profifahrer, ist es eine attraktive Trainingsumgebung. Andere können nichts mit dem Heimtrainer anfangen. Für sie ist Velofahren abseits der Natur und ohne echten menschlichen Kontakt undenkbar.
Sendebezug: Radio SRF 1, 14.08.18, 16:15 Uhr