Paris ist dichter besiedelt als alle anderen Städte in Europa. Aber nicht nur die Lebenden wohnen auf engem Raum – selbst die Toten liegen dicht an dicht, sagt Franck Vasseur vom Beerdigungsinstitut «L'autre rive»: «Wenn auf dem Friedhof Père Lachaise mal ein Platz frei wird, ist er heiss umkämpft.»
Wenn auf dem Friedhof Père Lachaise mal ein Platz frei wird, ist er heiss umkämpft.
In Paris gibt es nur 14, teils ganz kleine Friedhöfe – viel zu wenig für eine Stadt mit über zwei Millionen Menschen. Deshalb unterhält das Rathaus noch sechs Friedhöfe in den Vororten, einer davon in Ivry-sur-Seine. Er ist gross und weitläufig. Daher sind hier Neuerungen möglich, sagt Pénélope Komitès, die zuständige Pariser Bürgermeisterin.
Sie steht im hinteren Teil des Friedhofs auf einer noch freien Rasenfläche, die als Areal für ökologische Bestattungen abgesteckt wurde. «Im Gegensatz zu den übrigen Abteilungen werden hier alle Verstorbenen in Särgen bestattet, die entweder aus Karton bestehen oder aus heimischem Holz, das unbehandelt ist», erklärt Komitès. Materialien also, die möglichst geringen Einfluss auf die Umwelt haben.
Die Vorschriften gehen weit. «Hier wird direkt in die Erde gegraben und nur mit Erde zugedeckt», so die Bürgermeisterin. «Für die Namen werden Holzstelen, keine Steine aufgestellt. Die Leiche darf nicht chemisch behandelt und soll möglichst in Kleidern aus Naturfasern bestattet werden.»
Die Leiche darf nicht chemisch behandelt und soll möglichst in Kleidern aus Naturfasern bestattet werden.
Die Abgrenzung der einzelnen Gräber sollen die Gärtner über die Höhe des Rasens markieren – auf chemische Unkrautvernichtungsmittel müssen sie ohnehin verzichten. Seit vier Jahren sind diese in allen Pariser Friedhöfen verboten.
Um sicherzustellen, dass die Regeln auch befolgt werden, müssen die Angehörigen und das jeweilige Beerdigungsinstitut einen Pflichtenkatalog unterschreiben. Die Friedhofsverwaltung darf das Sargholz kontrollieren und sogar ärztliche Atteste verlangen. Denn bei Leichen würden selbst Spuren einer Chemotherapie nicht toleriert, sagt Komitès.
Die Nachfrage ist da
Umweltfreundliche Bestattungen seien en vogue, bestätigt Frank Vasseur. Etwa jeder vierte Kunde seines Beerdigungsinstituts habe entsprechende Wünsche. Kartonsärge durfte er bislang nur für Einäscherungen einsetzen, allerdings fragt er sich, ob ihre CO2-Bilanz besser ausfällt als bei jenen aus Holz.
Inzwischen wird in Paris die Hälfte aller Toten eingeäschert. Viele Angehörige verzichten danach auf einen Friedhof, sie nehmen die Asche mit und verstreuen sie in der Natur. Vasseur verkauft zu diesem Zweck Runde Bio-Urnen aus Salz, Sand und Lehm. «Die Angehörigen lassen sie von einem Boot oder vom Ufer aus ins Wasser gleiten. Es dauert höchstens zwei Minuten, dann hat sich die Urne aufgelöst, die Asche verteilt sich und versinkt.» Das seien ganz häufige Praktiken, so der Bestatter.
Solche Urnen dürfen jetzt auch auf dem ökologischen Grabfeld von Ivry-sur-Seine bestattet werden. Die neue Abteilung bietet zunächst nur 150 Plätze an, aber schon nächstes Jahr soll die umweltfreundliche Bestattung auf anderen Pariser Vorstadt-Friedhöfen möglich sein.
Damit sich die Praxis verbreitet, bietet das Rathaus diese Grabstätten um 20 Prozent billiger an als klassische Gräber. Dies, obwohl ihre Pflege viel aufwändiger ist. Aber die Stadt Paris strebt die Klimaneutralität an und will dafür auf allen Feldern umdenken.