Einen Batzen für das Klima könnte man es nennen. Seit letztem Oktober können Shell-Kundinnen und Kunden beim Tanken einen Rappen Aufpreis pro Liter Treibstoff zahlen, einen freiwilligen Klimarappen. Laut Shell macht das jede vierte Kundin, total 300'000 Franken wurden bis August 2021 für Kompensationen zusätzlich bezahlt.
Mit dem Geld kauft Shell CO2-Zertifikate auf dem globalen Markt. Damit könne der CO2-Ausstoss der verkauften Treibstoffe kompensiert werden, verspricht Shell. «Unser Fokus liegt auf Waldschutz-Projekten und teilweise Aufforstung», erklärt Hasan Haybat, der stv. Leiter des Tankstellengeschäfts.
Drei Viertel der Zertifikate erbringen nicht die ausgewiesene Emissionsreduktion.
Ölmulti setzt auf CO2-Kompensation
In der Praxis würden viele Kompensationsprojekte ihre Versprechen nicht halten. Zu diesem Schluss kommt Anja Kollmuss vom Stockholm Environment Institute nach der Analyse von vielen Kompensationsprojekten.: «Drei Viertel der Zertifikate erbringen nicht die ausgewiesene Emissionsreduktion.» Auch bei der laufenden Rappen-Aktion von Shell hat die unabhängige Politikwissenschaftlerin Anja Kollmuss Vorbehalte: «Was Shell anbietet, ist sehr günstig und führt Businessmodelle weiter, welche nicht zukunftstauglich sind.
Hasan Haybat von Shell zeigt für diese Haltung teilweise Verständnis. «Ein Ölmulti, was wir bisher waren, kompensiert jetzt CO2. Bloss, was ist die Alternative? Einfach nichts machen?» Shell habe sich entschieden, schon heute etwas zu machen auf dem Weg zu einem Energieunternehmen.
Easyjet «offeriert» CO2-Kompensation
Eine andere Strategie fährt die Billig-Airline Easyjet. Sie zahlt von sich aus seit 2019 jährlich 32 Millionen Franken für Zertifikate. Die Passagiere bezahlen keinen Aufpreis auf die Flugtickets. Der ehemalige Militärpilot und «Kassensturz»-Zuschauer André Ochsenbein denkt sehr kritisch über die Strategie von Easyjet: «Das ist Greenwashing, das kann man nicht anders nennen.» Denn beim Fliegen wird nicht nur CO2 ausgestossen, sondern auch Russpartikel, Stickoxide und Wasserdampf. Diese indirekten Klimaeffekte werden von Easyjet nicht kompensiert.
«Kassensturz» trifft Thomas Haagensen, Leiter des Europageschäfts von Easyjet. Auf den Vorwurf des Greenwashings geht er nicht ein. Und auf das fragwürdige Kompensationsversprechen von Easyjet meint er: «Das Beste wäre emissionsfrei zu fliegen. Heute gibt es diese Technologie der Hybrid- und Elektroflugzeuge noch nicht. Wir wollen mit unseren Partnern bis circa 2035 diese Technologie haben.» Und bis dann sei die Kompensation die beste Lösung.