- Wegen immer aggressiveren Online-Kommentaren schafft die «Neue Zürcher Zeitung» bei fast allen Online-Artikeln die Kommentarfunktion ab.
- Ab Mittwoch können Leser nur noch bei ausgewählten Themen mitdiskutieren, in moderierten Online-Debatten.
- Die «NZZ» erhofft sich mehr konstruktive Diskussionen und weniger Beschimpfungen.
«Der Ton in unseren Kommentarspalten hat sich extrem verschlechtert», begründet Oliver Fuchs, Social Media Redaktor bei der «NZZ», diesen Schritt. «Die Leser diskutieren nicht mehr miteinander, sondern beschimpfen sich gegenseitig und beschimpfen uns.»
Mit gehässigen und diskriminierenden Kommentaren in ihren Online-Newsportalen tun sich viele Redaktionen schwer – nicht nur in der Schweiz. «Die meisten Medien sind überfordert mit all diesen Kommentaren, die wie Pilze aus dem Boden schiessen», sagt der Zürcher Medienprofessor Vinzenz Wyss. «Deshalb ist es richtig, dass man experimentiert und verschiedene Möglichkeiten ausprobiert.»
«Miteinander diskutieren, nicht gegeneinander»
Internationale Medienhäuser gehen dies ganz unterschiedlich an. «Spiegel Online» etwa entscheidet je nach Thema, ob die Kommentarspalten offen stehen. Beim Jugendmagazin «VICE» sind gar keine Kommentare mehr möglich. Und die «Süddeutsche» stellt dem Publikum konkrete Fragen, über die dann in einem Forum diskutiert werden können.
Moderierte Diskussionen über handverlesene Themen – diesen Weg geht nun auch die «NZZ». «Wir wollen unserer Leserschaft einen guten Rahmen bieten, um kontrovers über Dinge zu diskutieren», sagt Oliver Fuchs. «Aber miteinander, nicht gegeneinander.»
«Mit der Leserschaft im Dialog bleiben»
Für Medienprofessor Wyss ist es unerlässlich, dass Medienhäuser mit ihren Lesern im Dialog bleiben. Sich alles gefallen lassen müssen sie aber trotzdem nicht: «Selbstverständlich wünscht man sich, dass diese Debatten bei allen Themen möglich wären. Aber aus Ressourcengründen ist es gar nicht möglich, dass man alle Debatten gut führen kann.»