Am Dienstag ist ein Frachter vor der Westküste Frankreichs untergegangen. Das Containerschiff namens «Grande America» hatte Schweröl und weiteres Gefahrengut geladen. Die Behörden sprechen von zwei Ölteppichen. Möglich, dass sie am Sonntag oder Montag die Küste erreichen. Dort sind Schäden unvermeidbar, sagt Nikolaus Gelpke von der Zeitschrift «Mare».
SRF News: Haben die zwei Ölteppiche ihre Position verändert?
Nikolaus Gelpke: Nein, sie sind jetzt etwa gleich gross, zirka zehn auf fünf Kilometer. Man weiss nicht genau, wie viel Öl ausgetreten. Die beiden Ölteppiche liegen relativ nah beieinander. Das Problem ist, dass sie auf die Küste zutreiben. Wir haben zurzeit aus Westen wahnsinnig viel Wind.
Worin genau besteht die Gefahr?
Solange das Öl auf dem Wasser ist, sterben Kleinlebewesen wie Plankton. Fische haben Probleme, wenn sie an der Wasseroberfläche sind. Aber das sind nicht sehr viele. Wenn aber ein Ölteppich auf die Küste trifft und Ebbe ist, liegen teilweise Quadratkilometer weit Algen, Seeanemonen, Schnecken und Muscheln für mehrere Stunden in seichtem Wasser. Dann legt sich ein Ölfilm über diese Tiere und Pflanzen und sie sterben wahrscheinlich alle.
Wie lange dauert es, bis sich eine Küste wieder erholt?
Abgesehen davon, dass das Öl auch vom Menschen bekämpft wird, wird es in erster Linie von ölabbauenden Bakterien abgebaut. Das funktioniert besonders gut, wenn es warm ist. Das heisst, die Tiere, die direkt betroffen sind, sterben meistens oder haben Schädigungen. Doch auf lange Sicht ist die Küste wieder für Tiere bewohnbar und für Fischer wieder bewirtschaftbar. Die Frage ist, wie lange das dauert.
In Gegenden, wo es sehr warm ist, erholt sich die Natur sehr schnell.
In Gegenden, wo es sehr warm ist, wie im Golf von Mexiko oder im Persischen Golf, wo es aufgrund der Kriege immer wieder zu Ölpesten kam, erholt sich die Natur schnell. Wenn das in der Arktis passiert, wie bei der Exxon Valdez damals, dann dauert es aufgrund der tiefen Temperaturen sehr viel länger.
Was kann getan werden, um den Schaden möglichst einzudämmen?
Ein Schiff ist schon vor Ort, weitere vier Schiffe sind auf dem Weg dahin. Es sind Spezialschiffe, die Öl von der Wasseroberfläche abpumpen können, was aber bei bis zu sechs Meter hohen Wellen zurzeit nicht möglich ist. Man versucht das Öl mit künstlichen Barrieren, die auf dem Wasser schwimmen, etwas zusammenzuhalten. Dann kann es abgepumpt werden.
Der Nachteil ist, dass das Öl im Wasser verbleibt und letztlich die Organismen auf dem Meeresgrund schädigt.
Die zweite Möglichkeit ist: Man sprüht Chemikalien auf den Ölfilm, die das Öl in kleine Tröpfchen auflösen, die sich im Wasser absetzen und nach unten sinken. Das hat den Vorteil, dass es von der Wasseroberfläche weg ist und die Küste nicht erreichen kann. Der Nachteil ist, dass das Öl im Wasser verbleibt und letztlich Organismen auf dem Meeresgrund schädigt.
Aber grundsätzlich verhindern, dass Öl an die Küste gerät, ist wahrscheinlich schwierig?
Angesichts der Windverhältnisse ist es schwierig. Ich schätze, dass die beiden Ölteppiche ein bisschen weiter nördlich ankommen werden als prophezeit wird. Sie werden zum Teil sicherlich die Küste erreichen. Die gute Nachricht ist, dass es nicht so viel Öl ist, wie zum Beispiel bei der Amoco Cadiz in den 70ern oder beim Untergang der Erika.
Es wird Schäden geben, da bin ich mir relativ sicher. Die werden sich aber in Grenzen halten.
Das waren ganz andere Dimensionen. Denn die Menge ist nicht von einem Tanker ausgetreten, sondern das ist das Öl, mit dem das Schiff fährt: Der Tank selber ist leckgeschlagen. Man weiss nicht, wie viel ausgelaufen ist. Insofern wird es Schäden geben, da bin ich mir relativ sicher. Die werden sich aber in Grenzen halten im Vergleich zu den früheren, schweren Ölkatastrophen.
Das Gespräch führte Roger Aebli.