Die Idee ist nicht neu. Bereits 1986 setzte Jaron Lanier einen Handschuh als Schnittstelle zwischen Mensch und Computer ein, als er für die Nasa den «Dataglove» entwickelte.
Ein Jahrzehnt später schafften es die Datenhandschuhe ins Fernsehen, wo Menschen in klobigen Anzügen, Handschuhen mit dicken Kabeln und bedrohlichen Brillen auf dem Kopf vor den Kameras im «Cyberspace» und der virtuellen Realität herumturnten.
Auch heute ist VR noch nicht massentauglich und kämpft mit diversen Schwierigkeiten. Dennoch stecken so viele grosse Firmen wie nie ihr Kapital in Forschung und Entwicklung neuer Projekte. Deshalb rückten auch die noch nicht gelösten Probleme aus vergangenen Zeiten wieder stärker in den Vordergrund, die Interaktion zwischen Mensch und Maschine, sagt Otmar Hilliges vom Departement Informatik der ETH Zürich. Er forscht mit seinem Team an möglichen Lösungsansätzen und neuen Handschuh-Konzepten.
Dass jede Menge Startups sich der Thematik wieder angenommen haben, wundert deshalb nicht. Avatar VR, Dexmo, Haptx, Manus E3, Captoglove, Plexus oder VRgluv sind Handschuh-Projekte, welche die virtuelle Realität besser erlebbar zu machen versuchen.
Fühlen – nicht nur steuern
Damit das gelingt, muss ein Handschuh drei Dinge können: Er muss die Lage und Position der menschlichen Hand» erkennen können. Erst dieses «Motion Capturing» ermöglicht es, mit der Hand einen virtuellen Gegenstand «berühren» zu können. Damit dabei auch das Gefühl echter Berührung entsteht, müssen durch Stimulation von Nervenzellen taktile und haptische Feedbacks generiert werden - in der Regel mit Vibrationsmotoren.
Das Problem bei dieser Methode: Das Gefühl auf der Hand ist unpräzise und erlaube kaum eine Unterscheidung zwischen der Beschaffenheit von zwei Oberflächen, erklärt Otmar Hilliges. Er setzt deshalb an einem Prototyp Piezo-Elemente ein, die an verschiedenen Stellen des Handschuhs Druck auf die Haut ausüben und so besser die Illusion vermitteln sollen, man berühre wirklich einen Gegenstand.
Handschuh als Bremsklotz
Einen anderen Ansatz verfolgen die ETH-Wissenschaftler mit DextrES. Er besteht aus Baumwolle und dünnen, elastischen Metallbändern, die über die Finger laufen. Wenn die Finger mit einem virtuellen Objekt in Kontakt kommen, gibt die Steuereinheit eine Spannungsdifferenz zwischen die Bänder. Dadurch «kleben» sie zusammen, ähnlich wie zwei Magneten. Diese elektrostatische Anziehung erzeugt eine Bremskraft, die die Bewegungen eines Fingers blockiert. Sobald die Spannung unterbrochen wird, gleiten die Metallbänder wieder reibungslos und der Träger kann seine Finger frei bewegen.
Die Konstruktion benötigt kaum Platz und wiegt nur wenige Gramm. Das ist ein grosser Vorteil gegenüber den herkömmlichen Lösungen, bei denen die Bremskräfte auf einem «Skelett» ausserhalb des Körpers («Exoskelett») verankert wurden. Diese grossen Konstrukte, Pullis mit Kabeln, Zahnräder und Bremsen, schränkten die Bewegungsfreiheit der Hand stark ein.
DextrES ist ein Forschungsprojekt, ein anderes Schweizer Team hat bereits ein kommerzielles Produkt entwickelt: Die Sensoryx-Handschuhe können die Position im Raum dreidimensional bestimmen und erlauben so, ihr Pendant im virtuellen Raum zu steuern. Damit das Eintauchen in diesen Raum noch besser wird, machen sich die Entwickler bereits Gedanken darüber, wie sie in einer nächsten Version auch haptisches und taktiles Feedback einbauen können.
Die Welt der Handschuhe bleibt in den nächsten Jahren also weiterhin spannend!