Was ist zu tun, wenn das kranke Kind die ganze Nacht hustet und kaum Schlaf findet? «Nichts», sagen die Schweizer Kinderärzte. Pädiatrie Schweiz ist die Fachorganisation der Kinder- und Jugendmedizin. Der Dachverband hat eine Liste mit fünf Behandlungen zusammengestellt, die meist überflüssig sind.
Ich muss ehrlich gestehen, dass manchmal gewisse Patientinnen mit einer Erwartungshaltung kommen.
Eine davon ist die Abgabe von Hustenmedikamenten an Kinder. Die Empfehlungen der Kinderärztinnen sollen dazu führen, dass die kleinen Patienten optimal und nicht maximal versorgt werden. Ein Medikament nicht zu verschreiben, sei oft schwieriger, als es den Patienten einfach abzugeben.
Viele haben das Gefühl, wir seien erst richtige Ärztinnen oder Ärzte, wenn wir ein Hustenmittel abgeben.
Das sagt die Kinderärztin Corinne Wyder: «Ich muss ehrlich gestehen, dass manchmal gewisse Patientinnen mit einer Erwartungshaltung kommen und das Gefühl haben, wir seien erst dann richtige Ärztinnen oder Ärzte, wenn wir ein Hustenmittel abgeben.»
Es kann je nachdem, welches Hustenmittel wir verwenden, auch schwerwiegende Nebenwirkungen haben.
Dabei gebe es keine Gewissheit, dass gängige Präparate den viralen Husten eines Kindes lindern. Im Gegenteil, sagt Wyder: «Es kann je nachdem, welches Hustenmittel wir verwenden, auch schwerwiegende Nebenwirkungen haben. Die sind natürlich selten – zum Glück, aber sie können vorkommen.» Deshalb werde besser ganz darauf verzichtet.
Mit Listen gegen eine Überversorgung
Diese Empfehlung ist eine von fünf auf der Liste der fünf unnötigen Behandlungen. Diese wurde von Vertreterinnen und Vertretern der stationären ambulanten Kinder- und Jugendmedizin erarbeitet. Kinderärztin Corinne Wyder war eine der Co-Leiterinnen der Arbeitsgruppe.
Alle Kinderärzte der Schweiz konnten sich zur Liste äussern. Solche Listen haben inzwischen verschiedene medizinische Fachgesellschaften veröffentlicht. Initiiert werden sie von der internationalen Bewegung Smarter Medicine. Die Organisation verfolgt das Ziel, die medizinische Überversorgung der Bevölkerung zu bekämpfen, sagt Smarter-Medicine-Geschäftsführer Lars Clarfeld.
Er sagt: «Wir wissen, dass 20 bis 30 Prozent der Behandlungen im medizinischen Alltag unnötig sind oder teils sogar Schaden anrichten können und darum geht es bei Smarter Medicine. Wir wollen die Sensibilisierung steigern, dass es eben diese Überversorgung gibt. Hierfür erstellen wir spezifisch Top-Fünf-Listen, um dann eben auch praktische Beispiele zu geben.»
Besserer Dialog zwischen Ärztinnen und Patienten
Die Liste richtet sich an Ärztinnen und Patienten. Basis seien wissenschaftliche Studien, sagt Clarfeld. Klar sei aber auch: «Das sind keine Schwarz-weiss-Empfehlungen, sondern der Einzelfall muss auch angeschaut werden.» Statt also einfach Medikamente zu verschreiben, soll der Dialog zwischen Ärzten und Patientinnen verbessert werden, sagt Kinderärztin Corinne Wyder.
Im Fall der hustenden Kinder kann übrigens auf ein Hausmittel zurückgegriffen werden. Das einzige Mittel, das wirklich Linderung verschaffe, sei Bienenhonig.