Nur rund 17 Prozent der Porträts der deutschen Wikipedia sind über weibliche Persönlichkeiten. Der Rest der Einträge ist den Männern der Schöpfung gewidmet. Und männlich sind in der Regel auch die Autoren, die Wikipedia-Artikel erstellen. Umfragen von Wikipedia zeigen, dass nur etwa 10-20 Prozent der Editoren Editorinnen sind.
Wenn in den Medien mehr über Männer berichtet wird, transferieren diese Berichte automatisch in die Wikipedia, weil jeder Artikel dort auch mit Quellen belegt werden muss.
Um diesem Ungleichgewicht entgegenzuwirken, hat das Schweizer Radio und Fernsehen gemeinsam mit Ringier und Wikimedia Schweiz einen «Edit-a-thon» für Frauen ins Leben gerufen.
Dabei sollen nicht nur Frauen als Autorinnen gewonnen werden, sondern vor allem weibliche Biografien in der Wikipedia neu erfasst werden.
Wikipedia ist gross, hat aber nicht die Mittel der Grossen
Wikipedia ging 2001 als gemeinnütziges Projekt einer freien Internet-Enzyklopädie an den Start. Jede und jeder kann und soll mitwirken. Mittlerweile ist die Webseite zu einer der meist nachgefragten Seiten im Internet herangewachsen. Was bei Wikipedia eingetragen ist, gilt als «die Wahrheit».
Auch andere Webgiganten wie Google oder Facebook verweisen mit ihren Infoboxen regelmässig auf Wikipedia-Artikel. Das habe der Wikipedia eine Rolle und eine Wichtigkeit verliehen, die sie sich so selbst nie ausgesucht habe, sagt Muriel Staub, Präsidentin von Wikimedia Schweiz. Wikipedia werde mit den Grossen gleichgesetzt, sei selber aber nicht Milliarden schwer. Deshalb seien die Ansprüche, die die Öffentlichkeit an Wikipedia habe, manchmal auch etwas unfair.
Jeder kann Mitmachen ist oberstes Gebot
Bis heute darf und soll sich jeder Mensch als Autor:in registrieren und mitschreiben. Das führt natürlich auch zu Problemen.
Eines hat das ZDF Magazin Royale am 3. September zusammen mit Netzpolitik.org kürzlich publik gemacht. In der Sendung zeigt Moderator Jan Böhmermann auf, dass es keine Seltenheit ist, dass Politiker:innen ihre eigenen Wikipedia-Einträge selber schönen oder gegen Bezahlung verschönern lassen.
Muriel Staub, Präsidentin von Wikimedia Schweiz meint dazu, dass die Wikipedia natürlich nicht ausgenommen sei von den Inhalten im Internet, die man bis zu einem gewissen Grad nicht blind konsumieren sollte. Was die Wikipedia diesbezüglich allerdings von sozialen Medien unterscheidet, sei die kompromisslose Transparenz. Jeder kann nachschauen, wer welchen Artikel geschrieben oder editiert hat. Auch noch nach Jahren. Deshalb werden Manipulationen vielleicht nicht immer sofort, aber in der Regel irgendwann immer erkannt. Nur wegen dank dieser Transparenz, habe Jan Böhmermann überhaupt die Manipulationsversuche nachweisen können.
Nicht nur Wissen ist Macht
Der mit Abstand fleissigste Wikipedia Autor ist Steven Pruitt. Unter dem Autorenkürzel «Ser Amantio di Nicolao» hat er seit 2004 bereits über vier Millionen Mal etwas auf Wikipedia editiert und mehrere zehntausend Artikel erfasst. Das Times-Magazin hat in 2017 darum zu einem der 25 einflussreichsten Menschen im Internet ausgezeichnet.
Pruitt ist aber nicht nur bekannt für den enormen Aufwand, den er für Wikipedia betreibt. Er engagiert sich auch aktiv für den systematischen Abbau des Gender-Gaps bei Wikipedia, in dem er nicht nur zahlreiche weibliche Biografien geschrieben hat, sondern auch das Projekt «Women in Red» unterstützt. Ein kollaboratives Schreibprojekt innerhalb der Wikipedia mit den gleichen Zielen wie der heutige «Edit-a-thon».