Im nächsten Michelin-Führer 2018 soll das französische Restaurant Le Suquet nicht mehr vorkommen – jedenfalls wenn es nach dem Starkoch Sébastien Bras geht. Er hat beim Gastronomieführer ein Gesuch gestellt, auf die Höchstwertung von drei Sternen für sein Restaurant zu verzichten.
Sébastien Bras führt das Restaurant Le Suquet in der französischen Ortschaft Laguiole in zweiter Generation. Über Social Media teilte er diese Woche mit, er wolle seinem Leben im Alter von 46 Jahren wieder einen Sinn geben und dem ständigen Druck eine Absage erteilen.
Rückgabe ist selten und umstritten
Wie Michelin nun bestätigte, werde das Gesuch von Sébastien Bras geprüft. Es werde aber nicht automatisch umgesetzt. «Der Guide ist nicht für Köche gemacht, sondern für Kunden», hiess es. Eine «Rückgabe» der höchsten Michelin-Auszeichnung ist ausgesprochen selten und sorgt stets für Debatten. Derzeit sind in Frankreichs Michelin-Führer 27 Gourmettempel mit drei Sternen ausgezeichnet. Die Ausgabe für 2018 wird voraussichtlich im Februar präsentiert werden.
Wie reagiert die Branche auf Ankündigungen wie die von Bras? Wer Spitzen-Koch wird, könne mit etwas Druck umgehen und soll sich nicht darüber beklagen, sagt Urs Heller, Chefredaktor des Gastronomie-Führers Gault Millau Schweiz im Interview mit SRF News:
SRF News: Urs Heller, können Sie den Entscheid des französischen Spitzenkochs nachvollziehen?
Urs Heller: Ich weiss nicht, ob persönliche Gründe dazu führten, diese Anfrage zu stellen. Wenn es nur kochtechnische Argumente wären, würde ich ihn nicht verstehen. Das Restaurant der Familie Bras hat mit den Michelin-Sternen sehr gut gelebt über Jahrzehnte. Sie machen weiterhin das gleiche Konzept und es gibt keinen Grund, auf einen Eintrag zu verzichten.
Sébastien Bras hat gesagt, der Druck sei zu gross, man werde regelmässig kontrolliert, müsse immer das Beste liefern.
Diese Diskussion um zu viel Druck in der Branche kommt immer wieder auf. Mir fehlt ein wenig das Verständnis. Köche, die sich derart an die Spitze hocharbeiten, sind daran gewohnt, mit Druck umzugehen.
Druck ist für mich, wenn ein Chirurg ein Kinderherz operieren muss – und nicht, wenn jemand sein Süppchen zubereiten muss.
Wie würden Sie bei GaultMillau damit umgehen, wenn ein Topbewerteter sagt, er wolle nicht mehr aufgelistet werden?
Wir haben klare Spielregeln: Wir fühlen uns dem Gast und dem Leser verpflichtet, nicht dem Koch. Gibt es objektive Gründe wie Alter, Krankheit oder Konzeptwechsel oder weil die Nachfolgeregelung schwierig ist, dann kommen wir den Gesuchstellern entgegen. Wenn es nur darum geht, dem Druck zu entgegnen, der auf dem Koch lastet, haben wir weniger Verständnis.
Wie sehr sind Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst, wenn Sie als Gastrokritiker auch über den finanziellen Erfolg eines Restaurants beiträgt?
Das ist uns sehr wohl bewusst. Wir versuchen unsere Arbeit so gut wie möglich zu machen. Wir kennen das Problem. Wir würden uns sicher dreimal überlegen, bevor wir jemandem einen Punkt wegnehmen. Das muss gut durchdacht sein. Da muss eine klare Meinung herrschen. Sonst können wir das in der heutigen Zeit sicher nicht machen.
Das Gespräch führte Marc Allemann.