Ein Kühlschrank, der uns das Essen bestellt, eine App, die uns warnt, wenn im Haus noch ein Fenster offen ist oder ein digitaler Assistent, der mich an meine Termine erinnert. Nirgends zeigen sich die Zukunftsmöglichkeiten des Wohnens wohl besser als bei den technischen Entwicklungen im Bereich «Smart Home».
Doch die Frage wie unsere eigenen vier Wände künftig aussehen geht weit über technische Spielereien hinaus. Es geht um nachhaltige Baumaterialien, neue Raumkonzepte und innovativen Energiespeicher. Die Zukunft des Wohnens hat vielerorts – auch in der Schweiz – bereits begonnen.
Keine Heiz- und Stromkosten mehr
Besonders deutlich zeigt sich dies in Männedorf ZH. Hier stehen zwei Mehrfamilienhäuser, die ihre Energie – unter anderem mittels Sonnenkollektoren – komplett selbst erzeugen. Erstmals versucht man hier, in Zusammenarbeit mit der Hochschule Rapperswil, überschüssige Energie kostengünstig in Methan-Gas umzuwandeln. Mit Folgen für die Mieter: Strom- und Heizkosten fallen bis zu einem Verbrauch von 2000kw/h keine mehr an.
Damit man die Grenze nicht überschreitet haben die Investoren viel Geld in energiesparende Geräte investiert. Das Projekt rechne sich heute schon nahezu, so Walter Schmid, der zusammen mit der Umweltarena Spreitenbach hinter dem Projekt in Männedorf steht. Fakt bleibt jedoch: Für das energiefreundliche Wohnen der Zukunft braucht es noch immer zahlungskräftige Investoren und viel Selbstdisziplin der Mieter.
Nachhaltig und auf den Millimeter genau
Wenn es um die Zukunft des Wohnens geht, spielt der Begriff der Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle. Nicht nur beim energiefreundlichen Wohnen, sondern vor allem auch beim Baumaterial. Holz hat wohl auch deshalb in den letzten Jahren nochmals stark an Bedeutung gewonnen.
Der Anteil Neubauten aus Holz hat sich in den letzten Jahren verdoppelt, wenn auch auf tiefem Niveau im einstelligen Prozentbereich. Das habe auch mit neuen Forschungserkenntnissen im Bereich des Brandschutzes zu tun, sagt Holzbau-Dozent Thomas Rohner. «Wir wissen heute genau wie Holz brennt. Und der entscheidende Vorteil ist, dass Holz keine Festigkeit verliert im Brand. Das ist bei Beton und Stahl eine andere Situation.»
Klar ist: Nachhaltiges Wohnen ist am Ende eine Kombination aus vielen verschiedenen Aspekten. Ein Beispiel dafür ist das Quartier Suurstoffi in Rotkreuz im Kanton Zug. Hier dominieren Sonnenkollektoren auf dem Dach, Holzhäuser und ein Hochhaus, welches in erster Linie durch seine begrünte Fassade auffällt. Ein Symbol der Nachhaltigkeit sagen die Investoren.
Grüne Fassaden – nur bedingt nachhaltig
Doch wie nachhaltig ist ein begrünter Turm tatsächlich? Für den Architekten und Journalisten Palle Petersen ist klar: «Für die Bewältigung der Klimakrise ist es irrelevant. Die Pflanzenmasse, die dort wächst, entspricht einem Wald von 20 auf 20 Meter.
Der Aufwand ist aber um ein Vielfaches grösser». Tatsächlich ist der Aufwand für den Unterhalt und das Bewässerungssystem des grünen Turms hoch. Alleine die Gartenarbeiten kosten rund 10'000 Franken pro Monat. Der Wasserverbrauch pro Woche: Bis zu 30'000 Liter.
Es gehe am Ende auch um gutes Marketing, sagt Peter Wicki, Leiter Bau und Entwicklung bei der Investorin Zug Estate AG. Doch er relativiert. Das Hochhaus stehe nicht für sich alleine. Es sei eingebettet in ein nachhaltiges Quartier.
Und am Ende sei auch die psychologische Wirkung von grün ein wesentlicher Aspekt, so die renommierte Singapurer Architektin Schirin Taraz im Interview mit SRF News. Dieser Aspekt werde häufig unterschätzt. Mit Nachhaltigkeit hat er indes wenig zu tun.
Leben auf engem Raum – ein Modell der Zukunft?
Das Wohnen der Zukunft. Das ist nicht nur die Überlegung wie man nachhaltiger Bauen kann. Es geht nicht nur um die Frage, welcher Beitrag die Architektur zum Mikroklima beitragen kann oder um die Überlegung wie wir unsere eigenen vier Wände möglichst Co2-neutral heizen.
Am Ende ist es auch eine Platzfrage. Auf wie viel Quadratmeter sollen oder können wir in den nächsten Jahrzehnten leben. Wir müssen uns auf das Leben auf engem Raum einstellen, sagt Stefan Breit, Wohnforscher am Gottlieb Duttweiler Institut. «Fast jede zweite Wohnung in den grösseren Städten ist heute durch eine Person bewohnt. Diese Wohnungen sind aber meist nicht für Ein-Personen-Haushalte gebaut».
«Es kann nicht sein, dass man nur moralisch sagt, man muss weniger Raum in Anspruch nehmen. Es geht auch um die Frage wie man gerne verzichtet», sagt die Architektur-Professorin Elli Mosayebi. Leben auf engem Raum soll auch zu einem neuen, attraktiven Wohngefühl werden. Genau diesen Überlegungen gehen sie und ihr Team derzeit in einer Test-Wohnung auf dem Gelände der ETH Zürich nach.
Der digitale Assistent im Alltag
Zurück zum Kühlschrank, der uns das Essen bestellt. Technisch ist heute vieles machbar. Eine Vernetzung des gesamten Hauses ist – bei entsprechendem Knowhow – kein Problem. Doch es fehle noch immer an einer einheitlichen Lösung, die alle Systeme miteinander verbindet, sagt Andrew Paice, Leiter des sogenannten «I Home Lab» der Hochschule Luzern. «Es gibt etwas für den Sound oder eine Lösung für das Licht aber keine Komplett-Lösung».
Für den Forscher ist mit Blick in die Zukunft klar: «Smart Home hat heute mehr mit einer digitalen Begleitung und Unterstützung im Alltag zu tun». Die Hochschule testet derzeit einen digitalen Avatar, der ältere Menschen im Alltag unterstützen soll, sie an Termine und ihre Medikamente erinnert. Wie smart, vernetzt und unabhängig unsere Wohnungen und Häuser dereinst sind und was reine Fiktion bleibt, darüber entscheidet am Ende auch unser Vertrauen in die Technologie von Morgen.