In der Zürcher Langstrasse wird wieder gefeiert, getrunken und Party gemacht. Fast wieder wie zu Zeiten vor Corona. Doch für die Prostituierten ist die Krise nicht vorbei. Sie dürfen zwar wieder arbeiten, doch Kundschaft fehlt. Die Lage für die Sexarbeiterinnen verschärft sich zusätzlich durch immer neue Konkurrenz aus dem Osten.
«Sie sagen, es läuft nichts. Wenig. Zero»
Diese Einschätzung stammt nicht von den Prostituierten selbst. Sie wollen nichts sagen oder ins Mikrofon sprechen, aus Angst, ihr Doppelleben könnte in ihrem Heimatland auffliegen. Statt ihrer spricht Schwester Ariane, die mit ihrem Verein «Incontro» jeden Tag Essen auf der Gasse verteilt und einen guten Draht zu den Frauen hat.
«Wenn ich sie frage, wie es läuft, ob sie Kundschaft haben, sagen mir viele, es laufe nichts oder sehr wenig», sagt Schwester Ariane. Die Frauen seien verzweifelt und unter Druck, das spüre sie. Dass jetzt noch mehr Frauen ins Sexgewerbe einsteigen würden, habe man eigentlich kommen sehen: «Wenn die Wirtschaft schlecht läuft, sind mehr Frauen gezwungen, in die Prostitution zu gehen. Es geht ja ums Überleben.»
Ich spüre grosse Not und Verzweiflung. Sie stehen unter Druck.
Schon während der Krise sei es für die Frauen, die dageblieben seien, sehr schwierig gewesen, sagt Schwester Ariane. Viele hätten ihr Essen nicht mehr finanzieren können, seien obdachlos geworden.
Viele möchten aussteigen
Der Wunsch aus der Prostitution auszusteigen, sei bei vielen gross. Zum Teil würden die Frauen jahrelang warten, auf einen Platz in einem Integrationsprogramm, auf eine Stelle als Putzfrau oder Schneiderin. «Wir sind als Gesellschaft aufgerufen, diesen Menschen eine Chance zu geben, damit sie einen Neuanfang machen, und menschenwürdig leben können.» Der Verein «Incontro» will nun Unternehmen suchen, die ehemaligen Prostituierten einen Job anbieten wollen.