«No 3 Nächt bis Morn» heisst das zweite Soloalbum des Berner Mundart-Rappers Tommy Vercetti. Der 38-jährige ist Teil der Hip-Hop-Gruppe Eldorado FM und gilt seit vielen Jahren als gewichtige Stimme in der heimischen Musikszene. Vercetti, der mit bürgerlichem Namen Simon Küffer heisst, würzt seine Gesellschaftskritik mit ausgereiften Sounds und Beats.
SRF News: Ihr Lied «Who Cares?» ist eine Hommage an die vielen Pflegenden in unserem Land. Warum?
Die Bedeutung der Pflegearbeit ist seit Jahren eine politische Diskussion. Seit ich Kinder habe und dadurch viel Zeit in Spitälern verbracht habe, hat das Thema für mich an Bedeutung gewonnen.
Die oben sahnen ab, und die Kosten, die dabei entstehen, geben sie nach unten weiter
Dazu kommt, dass auch ich jetzt selber Betreuungsarbeit mache. Da merkt man, was da für eine unglaubliche Arbeit geleistet wird, welche viel zu wenig gewürdigt wird.
In Ihren Texten klingt immer wieder Kritik am Kapitalismus an. Woher kommt der Ärger auf dieses System?
Schlicht aus persönlicher Betroffenheit. Zum Beispiel Verwandte von mir, die mit ihrer Rente nicht durchkommen, obwohl sie das ganze Leben lang gearbeitet haben. Oder mein Vater, der lange arbeitslos war.
Schweizer Rap wird gehört, weil die Leute, die zuhören, es auch verstehen
Dazu kommt. Jeder merkt ja selber, wie gestresst und überarbeitet er ist, wie er Beziehungsprobleme hat oder gar gesundheitliche Probleme hat. Und das alles, weil die oben absahnen und die Kosten, die dabei entstehen, nach unten weitergeben.
Wo möchten Sie lieber auftreten: an der Generalversammlung der UBS oder an einer 1. Mai–Feier?
Lieber an der 1. Mai-Feier. Da war ich übrigens auch schon. An der Generalversammlung der Bank würde ich mich unwohl fühlen. Wie ein Pausenclown. Diese Hofnarrenfunktion würde mir nicht passen. Alle würden verständnisvoll nicken. Aber nichts würde passieren.
Kommen die Jugendlichen wegen Ihrer Musik oder wegen Ihrer Texte an Ihre Konzerte?
Schweizer Rap wird gehört, weil die Leute, die zuhören, es auch verstehen. Und gerade in unserem Fall vernehmen wir häufig, dass die Leute uns wegen den Texten hören. Die Jungen hören die Botschaft ziemlich sicher.
Das Gespräch führte Michael Sahli.