Es ist ein historischer Tag für die Solothurner Linke: Erstmals wird die SP mit neu 23 Sitzen zur zweitstärksten Kraft im Kantonsparlament. Vor ihr bleibt nur die FDP, welche ihre 26 Sitze verteidigen kann und damit die stärkste Kraft im Kanton bleibt.
Die CVP büsst zwei Mandate ein und kommt neu auf 20 Sitze. Zu den Verlierern gehört auch die GLP, die ein Mandat einbüsst. Eher überraschend ist der Sitzverlust der SVP – auch sie büsst ein Mandat ein. Sie bleibt damit die viertstärkste Kraft im Parlament.
Alle anderen Parteien können ihre Sitze halten: Die Grünen bleiben bei sieben, die BDP bei zwei und die EVP bei einem Sitz. Unter dem Strich geht also die Linke gestärkt aus der Kantonsratswahl hervor.
Interessant ist ein Blick auf die Wählerstimmen: Die CVP profitiert offensichtlich von ihrer Listenverbindung mit anderen Mitte-Parteien. Vergleicht man die Wähleranteile, liegt die CVP nämlich noch hinter der SVP nur auf Platz vier.
Sie kommt auf 18,9 Prozent Wähleranteil, die SVP hat 19,7 Prozent. Trotzdem konnten sich die «Schwarzen» als drittstärkste Kraft im Kantonsrat behaupten.
Allerdings bedauert die CVP ihr «Proporzpech» zu Recht: Denn eigentlich hat die Partei 0,57 Prozentpunkte Wähleranteil zugelegt, verliert aber trotzdem zwei Mandate. Besser erging es zum Beispiel der BDP: Sie verlor knapp 0,7 Prozentpunkte, konnte ihre Sitze aber halten.
Die SP liegt neu bei 21,6 Prozent (plus 2,40 Prozentpunkte) Wähleranteil, die FDP (minus 0,16 Prozentpunkte) bleibt mit 24,6 Prozent die stärkste Kraft im Kanton.
SP-Präsidentin: Mobilisierung hat funktioniert
Die Freude bei den Sozialdemokraten ist natürlich gross nach diesem Wahlsieg. Parteipräsidentin Franziska Roth glaubt, dass die Partei im Wahlkampf sehr gut mobilisiert habe. Die SP hatte dabei auf eine aufwändige Telefon-Kampagne gesetzt. «Wir hatten mit über 7000 Wählerinnen und Wählern persönlichen Kontakt», erklärt Roth gegenüber SRF.
Die Partei habe aber auch politische Erfolge verzeichnen können in den letzten vier Jahren und habe zudem mit einer starken Kandidatin im Regierungswahlkampf und vielen guten Kandidaturen für den Kantonsrat überzeugen können.
CVP: Das schlimmste Szenario ist eingetroffen
Grosse Enttäuschung bei der CVP nach ihrem doppelten Sitzverlust. «Das wurmt mich schon», sagt Parteipräsidentin Sandra Kolly. Man habe mit diesem Szenario rechnen müssen, sei aber enttäuscht, dass dieser schlechteste Fall nun wirklich eingetroffen ist.
Kolly hoffte auf die Amtei Thal-Gäu: Dort konnte die CVP Wähleranteile zulegen. Allerdings reichten die Gewinne nicht aus, um den Sitzverlust zu verhindern.
Wähleranteile in den Amteien (Anzahl Sitze)
Amtei | FDP/JFDP | CVP/JCVP | SP/JUSO | SVP/JSVP | Grüne | BDP | GLP | EVP | EDU |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Solothurn-Lebern | 24,5 (6) | 16,08 (4) | 22,0 (5) | 15,8 (3) | 12,1 (3) | 3,6 (1) | 4,8 (1) | 1,4 (0) | - |
Bucheggberg-Wasseramt | 25,9 (6) | 13,9 (3) | 25,1 (6) | 18,9 (4) | 7,0 (1) | 4,9 (1) | 5,1 (1) | - | - |
Thal-Gäu | 25,8 (4) | 34,9 (5) | 11,7 (1) (mit Grünen) | 24,1 (3) | - (mit SP) | - | 3,5 (0) | - | - |
Olten-Gösgen | 21,6 (6) | 15,6 (5) | 25,8 (8) | 21,3 (6) | 6,8 (2) | 1,4 (0) | 4,1 (1) | 2,7 (1) | 0,7 (0) |
Dorneck-Thierstein | 28,6 (4) | 21,2 (3) | 17,6 (3) | 20,3 (2) | 9,9 (1) | - | 2,4 (0) | - | - |
SVP: Angriffiger politisieren?
«Wir hatten in jeder Amtei einen Rücktritt von der jeweils bestgewählten Kandidatur», so erklärt SVP-Fraktionschef Christian Werner den Sitzverlust seiner Partei. Dieser überrascht angesichts der nationalen Trends. Auch die Solothurner SVP kam bei den Nationalratswahlen 2015 auf fast 30 Prozent Wähleranteil.
«Wir bringen bei weitem nicht die gleiche Performance hin wie bei nationalen Wahlen. Das ist enttäuschend», sagt auch Christian Werner. Möglicherweise müsse die Partei im Kanton wieder «angriffiger politisieren». Allerdings müsse die Partei diese Niederlage zuerst analysieren.
Einschätzungen zum Wahlausgang (Marco Jaggi)
Das gute Resultat der SP ist wohl mit der aufwändigen Kampagne der Partei und mit der kürzlichen Abstimmung zur Unternehmenssteuerreform erklärbar: Die Sozialdemokraten haben sich als Partei des Mittelstandes verkauft und offenbar auch so positioniert inzwischen. Dazu profitierte die SP auch von der Schwäche der SVP. Dass diese einen Sitz verliert, ist überraschend. Mögliche Erklärungen: Vielleicht braucht es auch im Parlamentswahlkampf starke Köpfe - diese fehlen der SVP auf kantonaler Ebene weitgehend. Zudem steht die Partei politisch isoliert da, die anderen bürgerlichen Parteien gehen immer wieder auf Distanz. Die CVP konnte den nationalen Abwärtstrend stoppen und legte beim Wähleranteil leicht zu. Anders als vor vier Jahren war ihr das Proporz-Glück aber nicht mehr hold, weshalb sie trotzdem zwei Sitze einbüsste. Für die zukünftige Solothurner Politik wird der kleine Linksrutsch kaum grosse Auswirkungen haben. SP und Grüne haben weiterhin nur 30 von 100 Sitzen im Kantonsrat. Sie sind also weiterhin auf Koalitionen mit CVP oder FDP angewiesen, wenn sie Geschäfte zum Erfolg führen wollen. Insgesamt dürfte sich nicht allzu viel ändern im Kanton (vorausgesetzt, es kommt in der Regierung zu keinen Sitzverschiebungen). |